Backhaus,Udo; Schlichting, H. Joachim . In: Der mathematische und naturwissenschaftliche Unterricht 43/8 (1990) S. 456 – 466
Der Zugang zur Chaosphysik wird vor allem durch die Vielzahl neuer und auf den ersten Blick unzusammenhängend erscheinender Aspekte erschwert. Es wird daher ein einfaches chaotisches System vorgestellt, an dem sich auf systematische Weise alle für ein grundlegendes Verständnis chaotischer Phänomene wesentlichen Ergebnisse gewinnen lassen.
Die Natur (kann) auch selbst im Chaos nicht anders,
als regelmäßig und ordentlich verfahren.
Immanuel Kant
Problemstellung
Chaotisches Verhalten physikalischer Systeme ist nicht neu. Ein Gas beispielsweise ist ein chaotisches System par excellence. Der Wortstamm von Gas ist Chaos. Chaos tritt jedoch nicht nur bei Vielteilchensystemen auf. Seit langem weiß man, dass auch Systeme mit wenigen Freiheitsgraden chaotisch sein können. So kritisierte schon vor fast hundert Jahren POINCARÉ das deterministische Weltbild der klassischen Physik. Obwohl er seine Attacke gegen die Bastion der Newtonschen Physik, die Himmelsmechanik, richtete, bleiben er und seine Nachfolger bis vor kurzem unerhört. Inzwischen scheint sich eine grundlegende Einstellungsänderung zu vollziehen: Chaotische Phänomene werden nicht nur in fast allen etablierten Bereichen der Naturwissenschaft entdeckt, sondern ernstgenommen und untersucht. Es ist sicherlich zu früh, hierin einen Paradigmawechsel im Sinne T. S. KUHNS zu sehen, obwohl einiges dafür zu sprechen scheint. Insbesondere ist eine Änderung der physikalischen Methode festzustellen, die sich in etwa auf die Formel bringen lässt: Lieber einen verlässlichen allgemeinen Rahmen für das zukünftige Systemverhalten angeben als exakte aber unzutreffende quantitative Voraussagen machen zu können.
Im Folgenden soll es im Wesentlichen darum gehen, ein solches qualitatives Vorgehen, wie es bei der Untersuchung von chaotischen Systemen üblich geworden ist, zu skizzieren (siehe anliegendes PDF).
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