Wie kommt es zu diesen weihnachtsbaumartigen Strukturen?
Erklärung des Rätselfotos des Monats November 2013
Frage: Dunkelblaues und türkisblaues Wasser zwischen und auf dem Packeis sind charakteristisch für das arktische Eismeer. Wie kommt es zu diesen Farbunterschieden?
Antwort: Blickt man aus dem Flugzeugfenster aus großer Höhe auf das Packeis des Nordpolarmeeres, so entdeckt man ein selbstähnliches Muster von Eisschollen verschiedener Größenordnungen. Jedenfalls sieht ein Ausschnitt aus dem Foto ganz ähnlich aus wie das Foto selbst und auch ein Ausschnitt des Ausschnitts aus dem Ursprungsbild ist auf den ersten Blick von letzteren nicht zu unterscheiden. Es ist zu vermuten, dass das Eisschollenmuster skaleninvariant ist und einem Potenzgesetz genügt.
Die weißen Flächen auf den Schollen rühren vom Schnee her, der sie weitgehend bedeckt. Die fein ziselierten Muster auf den Schollen sind hauptsächlich das Werk von Winden, die den Schnee ihren wechselnden Richtungen entsprechend verwehen. Zwischen den Eisschollen ist das Meer zu erkennen, auf dem sie schwimmen. Die Farbe des Meeres ist dunkelblau, fast schwarz, weil fast alles Licht, das in das tiefe Wasser eindringt, absorbiert wird.
Was jedoch besonders ins Auge fällt, sind die hellblauen Flecken auf den Eisschollen, die das Schwarz-Weiß-Szenario mit intensiven Farbtupfern zu einem künstlerisch wirkenden Tableau gestalten. Dabei handelt es sich um mehr oder weniger große Wassertümpel, die durch die Sonne in den Sommermonaten in die Eisschollen eingeschmolzen werden. Da die Eisschollen weitgehend aus Süßwasser bestehen enthalten diese Tümpel ebenfalls Süßwasser.
Das erscheint zunächst erstaunlich, denn das Meerwasser enthält einen Salzgehalt von 3,5 %. Doch da das Salz beim Gefrieren nicht in die Kristallgitter des Eises eingebaut werden kann, entstehen reine Süßwasserkristalle, während das Salz außen vor bleibt und sich in einer flüssigen Salzsole anreichert. Die so entstehenden Eisschollen bestehen daher zunächst aus Süßwasserkristallen, die von einem Netzwerk von Kanälen durchzogen sind, in das die Sole abgegeben wird. Weil die Salzsole jedoch eine größere Dichte als das Eis hat, sickert sie allmählich aus den Eisschollen heraus, so dass diese im Laufe der Zeit immer weniger salzhaltig werden. Hinzu kommt, dass der Schnee auf den Schollen aus Süßwasser besteht, der während der Schmelze in den Sommermonaten in die Solekanäle eindringt und die Verdrängung des Salzwassers noch beschleunigt. Das Eis ist schließlich so salzarm, dass man es als Trinkwasser benutzen kann. Das wussten schon die Seefahren des 16. und 17. Jahrhunderts, die in den Süßwassertümpeln ihre Trinkwasservorräte nachfüllten.
Aber der unterschiedliche Salzgehalt zwischen dem Meerwasser und Schmelzwasser der Tümpel kann nicht der Grund für den deutlichen Farbunterschied sein. Reflektiertes Himmelslicht kommt als Ursache auch nicht Frage, weil aufgrund des fast senkrechten Blicks aus dem Flugzeug den Fresnelschen Gleichungen entsprechend die Reflexivität nur sehr gering ist. Außerdem wäre damit der Unterschied zur Farbe des Meerwassers nicht zu erklären.
Farbgebend ist vielmehr die Eigenfarbe der Eisschollen, die man auch von Eisbergen und Gletschern kennt. Das Licht dringt durch das Wasser der Schmelzwassertümpel in die Eisschicht ein. Lediglich das typische Blau des Eises wird reflektiert und führt zu der typischen Kolorierung der Tümpel.
Es sollte nicht unerwähnt bleiben, dass diese schönen Tümpel eine hässliche Kehrseite haben. Ihr massenhaftes Auftreten in jüngster Zeit trägt in nicht unerheblichem Maße zur Erwärmung des Nordpolarmeeres bei. Denn an diesen schneefreien Stellen wird verhältnismäßig viel Sonnenenergie absorbiert, während sie an den schneebedeckten Teilen weitgehend reflektiert wird.
Ist das ein Macro-Photo? Ich hab das erst jetzt gesehen- es ist unglaublich!
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Wenn man bei einer Makroaufnahm davon ausgeht, dass das Bild in der Größe in etwa dem Original entspricht, ist dies in der Tat eine Makroaufnahme. Die Seitenlänge der größten Kristalle beträgt etwa 8mm. Diese Raureifkristalle sieht man übrigens öfter. Auch in diesem Jahr habe ich sie auf einer Schneedecke beobachten können, die sich über ein dichtes Gestrüpp gewölbt hatte.
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