„‚Lebenslänglich ? : Auch vergänglich! ‚Hoppenstedt fuhr zusammen: während ich dies mit starker Stimme sprach, verloschen schlagartig alle Bogenlampen; hier und fern. Der Mond trat sofort näher (Arno Schmidt: Das steinerne Herz).
Das klingt wie ein aus der dichterischen Freiheit hervorgegangenes drastisches Ausdrucksmittel. Aber Arno Schmidt wäre nicht Arno Schmidt, wenn er nicht zumindest in naturwissenschaftlichen Dingen äußerst präzise und realistisch handelte. Seine Anspielungen gehen leicht in seinen ausdrucksstarken Formulierungen und sprachlichen Experimenten unter und werden vermutlich selten auf seine tiefere Wahrheit hin befragt.
Der vorliegende Fall zeugt von einer sehr genauen Beobachtungsgabe. Unsere visuelles System schätzt Entfernungen von Gegenständen auch nach deren Helligkeit ein. Demnach erscheinen leuchtende Gegenstände umso weiter entfernt, je schwächer sie leuchten. Im Lichtermeer der Laternen ist der Mond meist nicht sehr hell und tritt in den Hintergrund. Wenn aber die Lampen plötzlich ausgehen und der Mond allein zurückbleibt, wird er zur dominierenden Lichtquelle. Und weil die Pupillen sich aufgrund der geringeren Gesamthelligkeit dann weiter öffnen, erscheint der Mond heller als vorher und scheint dem Helligkeitszuwachs entsprechend näher zu rücken.
Auch der Mond ist nicht immer so wie er gewöhnlich erscheint 😉
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Genau. Und in diesem Zitat ist es das erste Mal, dass ich diese Phänomen so ganz en passant erwähnt finde. Und das nicht etwa von einem Wahrnehmungstheoretiker, sondern von einem Schriftsteller. Ich glaube, dass auch das ein Aspekt ist, warum ich gerne Arno Schmidt lese.
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