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Marginalia, Physik im Alltag und Naturphänomene

Paradoxes Verhalten von Wasser

Gefrorenes-WasserIm Januarius 1788. bemerkte ich…,daß gekochtes Wasser, welches sehr warm in ein kleines Zuckerglas gegossen und mit ungekochtem kalten Wasser zugleich der Kälte ausgesetzt wurde, eher gefror als das letztere (Georg Christoph Lichtenberg 1742-1799).
Lichtenberg war nicht der erste, der das auf den ersten Blick merkwürdige Phänomen beobachtete, dass unter bestimmten Bedingungen heißes Wasser schneller als kaltes gefriert. Schon Aristoteles, Bacon und Descartes berichten davon. 1969 wurde das Phänomen wissenschaftlich aufgegriffen, nachdem es der tanzanische Schüler Erasto Mpemba nochmals beschrieben hatte. Nach ihm wurde der Effekt auch Mpemba-Effekt benannt.
Untersuchungen zeigten, dass der Effekt offenbar auch dann eintritt, wenn man einige Versuchsbedingungen ausschließt. Zum Beispiel kann man dafür sorgen, dass die Menge des heißen Wassers bereits vor dem Gefrieren durch starke Verdunstung nicht unter diejenige des kalten Wassers abnimmt. Auch ist es nicht Voraussetzung für das Gelingen des Experiments, dass das heiße Gefäß den Kühlschrankboden antaut und dadurch einen besseren Wärmekontakt beim Gefrieren herstellt.
Damit der Effekt eintritt, darf allerdings die Temperaturdifferenz nicht zu groß sein. Vergleicht man Wasser mit 0,1 °C und 90 °C, so gefriert das kalte Wasser zuerst. In manchen Untersuchungen zum Mpemba-Effekt wird die oft übersehene Tatsache als entscheidend angesehen, dass Wasser selten genau bei 0 °C gefriert, sondern bei mehr oder weniger starker Unterkühlung des Wassers. Man hat nämlich beobachtet, dass vorher erhitztes Wasser bei geringerer Unterkühlung fest wird als kaltes. Hierfür werden mehrere Gründe angegeben. So fördern kleine Keime im Wasser dessen Gefrieren. Solche Keime entstehen bevorzugt an Kratzern der Gefäßwände. In kaltem Wasser sind diese häufig von Luftblasen besetzt, die aus der Lösung stammen. Diese isolieren die Keime und verzögern so die Eisbildung. Beim heißen Wasser ist hingegen durch den Erwärmungsvorgang ein guter Teil der gelösten Gase aus dem Wasser ausgetrieben worden, so dass eine entsprechende Verzögerung kaum stattfindet.
Aber das kann nicht der alleinige Grund sein. Der Mpemba-Effekt findet nämlich auch statt, wenn keine Unterkühlung auftritt. Vielleicht spielen Konvektionsvorgänge, die bei der heißen Flüssigkeit dominieren und während der Abkühlphase aufrecht erhalten werden eine entscheidende Rolle. Denn wie man beispielsweise vom Umrühren einer heißen Flüssigkeit weiß, kann durch Bewegungen die Abkühlung stark beschleunigt werden.
Wie dem auch sei, der Mpemba-Effekt harrt noch einer endgültigen Erklärung.

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