Ein Blick in den Swimmingpool zeigt in der Nähe eines Abflusses einige Unruhe im Wasser an. Aus etwas entfernterer Sicht sieht man rechts neben dem Abfluss einen Wirbel mit hellen Wirbelarmen. Daran erkennt man, dass der Abfluss tatsächlich in Betrieb ist und Wasser aufnimmt. Irritierend ist dabei jedoch zweierlei. Zum einen befindet sich der scheinbare Wirbel ein ganzes Stück rechts vom Abfluss. Sollte er nicht direkt darüber sein?
Was wir rechts als Wirbel sehen, ist nicht das bewegte Wasser selbst, sondern das Abbild, das das schräg von links oben einfallende Sonnenlicht von dem wirbelförmig bewegten Wasser auf den Fliesenboden des Pools projiziert. Das Licht wird in das Wasser gebrochen, wobei die wirbelförmig deformierte Wasseroberfläche vereinfacht gesprochen wie ein System aus Sammel- und Zerstreuungslinsen wirkt. Das Licht wird demnach entsprechend fokussiert und defokussiert, sodass man eine flächenhafte Projektion von der Form der Wasseroberfläche erhält.
Weiterhin sehen wir, dass das Fliesenmuster erheblich durcheinander geraten ist. Dies ist ein weiterer indirekter optischer Hinweis auf das Wirbelmuster an der Wasseroberfläche. Das Licht, das von den Fliesen ins Auge des Betrachters gelangt, muss durch die Wasseroberfläche hindurch und wird dadurch beim Austritt aus dem Wasser den unterschiedlichen Neigungen der Oberfläche entsprechend in leicht unterschiedliche Richtungen gebrochen. Für unser Auge, das diese Vorgeschichte der Lichtstrahlen nicht „erahnen“ kann, scheinen diese geradlinig vom Fliesenboden aus zu kommen. Die tatsächlich eingetretenen Abweichungen machen sich daher so bemerkbar, dass der Fliesenboden selbst entsprechend deformiert erscheint. Die Deformationen haben auch wieder die Form des Wasserwirbels an der Wasseroberfläche, obwohl es wegen des seitlichen Blicks hier noch schlechter zu erkennen ist als bei den Sonnenreflexen auf dem Boden des Pools.
Wir haben es also mit zwei verschiedenen optischen Hinweisen der wirbelförmigen Deformation des Wassers zu tun, deren Oberflächenform wegen der Transparenz und der dadurch fehlenden diffusen Reflexion nicht direkt gesehen werden kann. Auf diese Weise kann uns ein ordinärer Wasserabfluss in einem Swimmingpool eine schöne Lektion Alltagsphysik erteilen, jedenfalls dann, wenn man sich darauf einlässt.
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Pingback: Apfelstrudel – essbare Wirbel | Die Welt physikalisch gesehen - 4. Oktober 2022