Seit Jahren gehe ich an dieser Baumgruppe im Park vorbei. An einem dieser kalten, ungemütlichen Herbsttage, die die Sehnsucht nach Wärme und Nähe befeuern, sehe ich die beiden eng umschlungenen Bäume wie zum ersten Mal. Der Zufall wollte es, dass das innere Gefühl den äußeren Blick so zu fokussieren wusste, dass es zu einer Übereinstimmung von außen und innen kam. Aber selbst wenn man alles Gefühlsmäßige beiseitelässt, bleibt ein eindrucksvoller, seltener Anblick.
Mich erinnert das an die Geschichte von Philemon und Baukis, ein in ärmlichen Verhältnissen lebendes Ehepaar, wie es Ovid in seinen „Metamorphosen“ beschrieben hat. Die beiden nehmen als einzige den in Menschengestalt erscheinenden Jupiter und den ihn begleitenden Merkur in ihrer Hütte auf und bewirten sie mit dem, was sie haben. Zur Belohnung wird ihnen der Wunsch gewährt, sich nie trennen zu müssen. Dazu verwandeln die Götter das alte Liebespaar am Ende ihrer Tage in zwei miteinander verbundene Bäume. Leider haben wir es hier nicht mit Linde und Eiche zu tun. Sonst hätte man meinen können, die beiden sich ewig Liebenden hier leibhaftig vor Augen zu haben.
Interessant ist bei dieser Baumumschlingung, dass die beiden artfremden Bäume nicht miteinander verschmelzen. Eine solche Inosculation beobachtet man hauptsächlich bei Bäumen derselben Art.
Diskussionen
Trackbacks/Pingbacks
Pingback: Besser gemeinsam als gegeneinander | Die Welt physikalisch gesehen - 21. Juli 2016
Pingback: Zum Licht | Die Welt physikalisch gesehen - 27. Mai 2017
Pingback: Wenn es eng wird, wächst man zusammen. | Die Welt physikalisch gesehen - 7. Juni 2017
Pingback: Ein Baum wie ein Alptraum | Die Welt physikalisch gesehen - 22. Februar 2019
Pingback: Auch Bäume stützen müssen sich manchmal abstützen | Die Welt physikalisch gesehen - 25. Februar 2021