Auf diesem Foto sieht man unter anderem den Schatten eines Wasserläufers. Dieses Abbild ist auffälliger als das Urbild. Merkwürdig ist, dass dort, wo man die feinen Schatten der filigranen Füße erwartet, verhältnismäßig große Schattenovale auftauchen. Es sind auch gar nicht die Schatten der Füße, vielmehr rühren sie von den schüsselartigen Vertiefungen her, die der Wasserläufer mit seinen hydrophoben Füßen auf der Wasseroberfläche hervorruft. Die Oberflächenspannung des Wassers verhält sich bei nichtbenetzbaren (hydrophoben) Gegenständen wie eine elastische Haut. An der konkaven Wölbung dieser Vertiefungen im Wasser wird das einfallende Licht gebrochen und daher zu den Seiten abgelenkt. Dadurch gelangt an diesen Stellen weniger Licht auf den Boden des Gewässers und lässt den Bereich als Schatten erscheinen. Am konvexen ringförmigen Rand der Vertiefungen wird das Licht hingegen fokussiert und es gelangt mehr Licht auf den Boden. Auf diese Weise entsteht die helle Umrandung der dunklen Ovale (untere Skizze). Dem schmalen Schatten des Wasserläuferkörpers fehlt der helle Rand, weil der Körper sich oberhalb des Wassers befindet.
Aber es gibt noch ein anderes Phänomen auf dem Foto, eine kreuzförmige Aufhellung zwischen dem linken Hinterbein und dem Schatten eines schwimmenden Holzstücks. Schaut man genauer hin, so erkennt man wenigstens teilweise auch am Ende der zum linken Bildrand weisenden Abzweigung des Schattens des Holzes ein solches Kreuz. Wenn man das Bild vergrößert, kann man auch erkennen, dass sich an den Enden des Holzes Kreisringe im Wasser befinden. Sie lassen nur den Schluss zu, dass das Holzstück in seiner Lage konkav gekrümmt ist und größtenteils unter Wasser liegt. Mit den drei Enden taucht es daher aus dem Wasser auf. Da das Holz hydrophil, also wasserliebend ist, zieht sich das Wasser am Holz etwas hoch, ähnlich wie man das von der Wand eines mit Wasser gefüllten Glases kennt. Diese Menisken sind die Ursache des Lichtkreuzes. Auf welche Weise Wassermenisken kreuzförmige Aufhellungen, sogenannte Kaustiken, auf dem Boden eines Wassergefäßes hervorrufen, haben wir an anderer Stelle anhand von Blasen, die auf dem Wasser schwimmen, erklärt. Dieses Phänomen hat bereits Leonardo da Vinci beobachtet und daher nennen wir diese kreuzförmigen Kaustiken Leonardokreuze.
Das schöne Foto wurde mir freundlicherweise von Herrn Heinrich Ulrich zur Verfügung gestellt.
Bei Dir wandere ich sehr gerne von Beitrag zu Beitrag und nun bin ich beim Wasserläufer gelandet.. Hierzu habe ich einmal auf meinem Blog die Gedanken wandern lassen. Hatte ich erwähnt, dass ich eine blühende Fantasie besitze? ,-)
https://sandayblog.wordpress.com/2016/05/31/wasserlaeufers-gedankenrettung/
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Es ist schön, wenn durch deine Wanderungen auch schon vergessen geglaubte Beiträge hin und wieder einmal Besuch erhalten und wie bei der wissenschaftlichen Beschreibung des Wasserläufers eine poetische Ergänzung durch deinen Querverweis auf deine Gedanken dazu erhalten. Fantasie muss blühen, sonst wäre es keine Fantasie! In diesem Sinne wünsche ich dir ein schönes Wochenende. LG Joachim
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