Diese schöne Schnecke fand ich im warmen, seichten Wasser an einem Sandstrand des indischen Ozeans. Genau genommen handelt es nur um das Gehäuse eines Weberkegels, so heißt diese Textil-Kegelschnecke (Conus textile) und das ist auch gut so. Wäre der Weberkegel noch am Leben gewesen, hätte ich mich in Gefahr begeben, durch seinen Harpunenzahn vergiftet zu werden. Mit diesem jagt er nicht nur andere Schnecken, sondern verteidigt sich auch erfolgreich gegen Angreifer. Das durch den Zahn verabreichte Gift ist für Fische und kleine Säugetiere tödlich.
Diese unsympatische Seite des Tierchens steht in merkwürdigem Kontrast zu seinem schönen exotischen, aber auch mathematisch interessanten Äußern. Das Gehäuse (hier 5 cm lang) ist mit einem Muster dunkelbraun umrandeter, abgerundeter Dreiecke (manchmal auch Vielecke und Kreise) variierender Größe versehen. Der Name Weberkegel passt auf doppelt Weise. Erstens erinnert er an ein gewebtes Muster und zweitens – was die Namensgeber noch nicht wissen konnten – scheint das Muster auf eine ähnlich „automatische“ Weise wie bei einem Webstuhl zu entstehen.
Während des Wachstums der Schnecke werden Pigmente abgesondert, die in einem schmalen Band entlang des Randbereichs der wachsenden Schnecke liegen. Dabei sondert jede Zelle Pigmente nach Maßgabe der Aktivitäten seiner benachbarten Pigmentzellen ab und webt auf diese Weise das farbige Muster. Der darin zum Ausdruck kommenden Regelhaftigkeit entsprechend kann das Wachstum des Musters durch einen zellulären Automaten beschrieben werden, wobei für ein prinzipielles Verständnis der Musterbildung die biologischen Details der Sekretion gar nicht in Betracht gezogen werden müssen.
Ein zellulärer Automat besteht grob gesagt aus einem Gitter aus Zellen. Diese können jeweils einen Zustand einnehmen, der aus einer endlichen Zahl unterschiedlicher diskreter Zustände gewählt wird. Der Zeitablauf ist ebenfalls diskret; und der Zustand, den eine Zelle zur Zeit t+1 annimmt, ist eine Funktion der Zustände der benachbarten Zellen zum vorangegangenen Zeitpunkt t. Mit jedem Zeitschritt werden die Zellen der jeweiligen Funktion entsprechend aktualisiert.
Für diejenigen, die sich auskennen: In der Klassifikation von Stephen Wolfram entsteht das aperiodische, chaotische Muster des Weberkegels nach der Regel 30.
Faszinierend, da kommt MNathematik ins Spiel.
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Ähnliches gilt vermutlich auch für den Schmetterling und natürlich andere Muster im Bereich der Natur. In den 80er und frühen 90er Jahren habe ich mit solchen Algorithmen auf dem damals wie ein Geschenk vom Himmel gefallenen PC „gespielt“.
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