Schlichting, H. Joachim. In: Spektrum der Wissenschaft 10 (2015), S.56 – 57
Die ästhetischen Rissmuster in ausgetrocknetem Sediment entstehen beim Zusammenspiel ganz unterschiedlicher physikalischer Vorgänge.
»Und Risse schlitzen jählings sich
und narben am grauen Leib«
August Stramm (1874 – 1915)
Während eines kräftigen Regenschauers landen an tiefer gelegenen Stellen mit dem fließenden Wasser auch Erde und andere Stoffe, die den Boden bedecken. Eine schlammige Pfütze entsteht. Das strömende Nass schiebt das Baumaterial dafür jedoch nicht nur mechanisch vor sich her. Durch Oberflächenkräfte verleibt sich das Wasser einen Teil der benetzten Körnchen gewissermaßen ein. Die Partikel überziehen sich mit einer Flüssigkeitsschicht, weil sie hydrophil sind – für eine solche Substanz ist es energetisch günstiger, eine Grenzschicht mit Wasser zu bilden als mit Luft. Dahinter steckt ein bedeutendes Prinzip der Natur, wonach Vorgänge von selbst so ablaufen, dass möglichst viel Energie frei wird.
Spielende Kinder nutzen diese Zusammenhänge unwissentlich beim Bau von Sandburgen. Gibt man Wasser zum Zuckersand, so benetzt es so viel Oberfläche wie möglich. Das klebt die Körner zusammen – es entsteht eine zusammenhängende Substanz.
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