Schlichting, H. Joachim. In: Spektrum der Wissenschaft 3 (2016), S. 46 – 47
Einige seiner erstaunlichen Eigenschaften verdankt der Spinnenfaden einer Flüssigkeitshülle. Diese hält das Seidengeflecht in Form und macht es zugleich elastisch.
»Die Spinne näht‘ zur Nacht
im Dunkel sacht
an weißen Kreises Pracht.«
Emily Dickinson (1804 – 1882)
Das Verhältnis von Menschen zu Spinnweben ist zwiespältig. Einerseits erwecken die klebrigen Fäden Ekel, insbesondere wenn die veritablen Staubfänger in den Ecken eines Zimmers sichtbar werden oder sie sich bei Berührungen als ziemlich anhänglich erweisen. Andererseits sind wir immer wieder von der Ästhetik des perfekt gespannten Radnetzes beeindruckt, wenn es beispielsweise durch daran haftende Tautropfen eindrucksvoll in Erscheinung tritt oder im Sonnenlicht ein irisierendes Farbspiel entfaltet.
Aus zwei Gründen lassen sich Spinnfäden so schwer wieder entfernen: Sie sind klebrig und äußerst dehnbar. Wie Wissenschaftler herausgefunden haben, hängen beide Eigenschaften sogar eng miteinander zusammen. Forscher interessieren sich seit einigen Jahrzehnten für dieses Material und wollen den Mechanismus verstehen, der es so enorm elastisch und gleichzeitig stabil macht.
Eine Spinne baut ihr Netz mit einer Lösung (Spidroin-Sekret, eine Art Flüssigkristall), die sie aus ihrem Hinterleib herauszieht. Beim Kontakt mit der Luft verfestigt sich das Gemisch sofort zu einer äußerst festen Faser. Je nach Verwendungszweck kann die Spinne unterschiedliche Fäden produzieren. Für das Grundgerüst des Netzes verwenden viele Arten wie etwa die Kreuzspinne spezielle Radialfäden. Sie sind ziemlich steif und hängen sofort durch, wenn die Endpunkte auch nur um einige Prozent zusammengeschoben werden. …
Diskussionen
Trackbacks/Pingbacks
Pingback: Ein Netz von Zwecken | Die Welt physikalisch gesehen - 29. Mai 2016
Pingback: Festgezurrt und vernetzt | Die Welt physikalisch gesehen - 13. August 2016
Pingback: Jetzt spinnen sie wieder | Die Welt physikalisch gesehen - 18. September 2016
Pingback: Schnecken als Seilakrobaten | Die Welt physikalisch gesehen - 20. September 2016
Pingback: Gespinste als Lichtfänger | Die Welt physikalisch gesehen - 9. November 2016
Pingback: Das rettende Netz | Die Welt physikalisch gesehen - 9. Februar 2017
Pingback: Física de las telarañas | Die Welt physikalisch gesehen - 14. Juli 2017
Pingback: Tropfenvorhänge im Spinnennetz | Die Welt physikalisch gesehen - 27. August 2019
Pingback: Warum sich die Spinne nicht selbst auf den Leim geht | Die Welt physikalisch gesehen - 16. Juni 2020
Pingback: Tröpfchenalarm am Morgen | Die Welt physikalisch gesehen - 8. April 2023