Eine Frau sitzt in ihrer Kammer, das Gebetbuch in der Hand. Es ist sonntäglich aufgeputzt, der Sand gestreut, so heimlich rein und warm.
Georg Büchner. Lenz. Frankfurt 1988
Als wir bei der Renovierung eines alten Arbeiterhauses (Baujahr 1840) in Ostfriesland auch den in neueren Zeiten gefertigten Steinfußboden erneuerten, fanden wir darunter auf dem festgestampften Kleiuntergrund eine Sandschicht, die wir hier nicht erwartet hätten. Ein Handwerker erklärte uns, dass dieser Sand vermutlich daher rühre, dass sonntags der Boden mit Ornamenten aus Sand geschmückt wurde (siehe Foto) und dies die Überreste derartiger wiederholter Aktionen sei.
Später erfuhr ich auf einem Handwerksmarkt, auf dem auch die alte Praxis der Sandbilder demonstriert wurde (daher stammt das Foto), dass das künstlerische Sandstreuen meist auf Holzböden praktiziert wurde, bei ärmeren Haushalten, die sich keinen Holzfußboden leisten konnten – wie offenbar im vorliegenden Fall – schmückte man auch den nackten Boden. Der Handwerker hatte also wohl richtig gelegen mit seiner Interpretation der Herkunft der Sandschicht.
Interessant, was so an altes Wissen und Kennen verloren geht.
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