Wenn ich dieses Foto sehe, werde ich unwillkürlich an ein Erlebnis aus der Kindheit erinnert, das mich schlagartig davon überzeugte, dass die Behauptung zutreffen könnte, die Erde drehe sich um die Sonne und nicht umgekehrt. Ich saß in der Eisenbahn und wartete auf die Abfahrt. Dann ging es endlich los bis ich plötzlich sah, dass sich der Zug auf dem Nachbargleis in Bewegung gesetzt hatte und wir immer noch im Bahnhof standen. In diesem Moment erlebte ich gewissermaßen körperlich, dass Bewegungen relativ sind und der Augenschein oft nicht ausreicht festzustellen, was sich „wirklich“ bewegt. Man braucht schon weitere überzeugende Hinweise.
Solche Hinweise haben schließlich zu der Auffassung geführt, dass der Aufgang von Sonne und Sternen in Wahrheit die Drehungen der Erde widerspiegeln. In diesem Zusammenhang erlebe ich immer wieder, dass vielen Menschen (nicht nur jungen) gar nicht bewusst ist, dass auch die Sterne als Ausdruck der Drehung der Erde auf- und untergehen. Eine Langzeitaufnahme der Sterne, in der diese Spuren auf dem Kamerachip hinterlassen, ist eine eindrucksvolle Visualisierung der Sternbahnen um den Polarstern. Dieser scheint (nahezu) fest zu stehen, weil er zufällig dort steht, wo man landen würde, wenn man die Erdachse gedanklich verlängern würde.
Obwohl derartige Langzeitfotografien keine direkt beobachtbare Entsprechung haben (es sei denn, jemand hat ein fotografischen Gedächtnis, mit dem er die nacheinander durchlaufenen Positionen der Sterne zu behalten und gedanklich zusammenzusetzen vermag), sind sie für mich mehr als eine bloße Veranschaulichung eines so nicht direkt erfahrbaren Zusammenhangs. Wenn eine solche Fotografie dann auch noch – wie auf dem Foto – mit realen Ansichten in ästhetisch ansprechender Weise verknüpft wird, hat sie darüber hinaus eine künstlerische Dimension mir surrealen Aspekten. In diesem Zusammenhang ist es interessant, dass mir dieses Bild der konzentrischen Kreise bereits so vertraut ist, dass ich es zuweilen auch dort sehe, wo es offenbar gar nicht intendiert ist. Ein Beispiel ist das schöne Bild der Kunstschaffenden.
Das hier abgebildete schöne Foto stammt von Udo Backhaus.
Existenz-philosophisch und spekulativ-ontologisch würde ich derzeit sagen, dass neben u.a. dem ungleichgewichtigen Spiralbild, das gleichgewichtige zirkuläre Bild einleuchtend erscheint.
In diesem zirkulären Bild dreht sich ‚Alles‘ um ‚Nichts‘ (und in der Erfahrung des jeweils Einzelnen nichts [kein Einzelnes] um alles). Es dreht sich — metaphorisch für die Vorstellung, und/oder vielleicht auch physikalisch-holistisch — das ‚Ganze’/’Alles‘ um das verschieden angeordnete Nichts der (möglichen) Nullsumme aller Dinge zusammensummiert.
Gibt es physikalisch Dinge, die sich nicht drehen bzw. gedreht werden?
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Danke für den Kommentar. Meine Antwort lautet: Bewegungen sind relativ und daher vom jeweiligen Bezugssystem abhängig.
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Anders formuliert oder etwas anderes: Hat alles in der heutigen physikalischen Perspektive einen Spin? So rum bzw. anders rum (hab da mal einen Artikel gelesen, dass die Drehungsrichtung z.B. von Galaxien nicht immer gleich ist, aber das eine Drehrichtung nach derzeitigen Erkenntnissen überwiege).
Gibt es für Bewegungen in der Physik ein über den einzelnen Bezugssystemen verortetes Meta-Bezugssystem?
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So gut wie alle Galaxien drehen sich. Dabei rotieren nach derzeitigem Wissensstand etwa sieben Prozent mehr Galaxien linkshrum als rechtsherum und damit alles, was in ihnen enthalten ist. Im Mikrokosmos sieht es nicht anders aus. Auch dort ist alles in Bewegung, selbst am absoluten Nullpunkt. Ein absolutes Bezugssystem gibt es nicht.
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Ungleichmäßigkeiten sind interessant. Vielen Dank für die Antworten.
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Lieber Joachim,
herzlichen Dank für den interessanten Bericht! Die Zeit kennt keine Zeit und ist somit immer in Bewegung, also es gibt keinen Stillstand! Das scheint im Universum auch so zu sein. Was passiert eigentlich mit Sternen die erlöschen, die Energie wandelt sich sicher auch in Bewegung um, oder?
Lg Babsi
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Das Schicksal der Sterne kann sehr vielfältig sein. Wenn sie – wie man so schön sagt – erlöschen, mögen sie zwar für uns nicht mehr zu sehen sein, weil sie kein Licht mehr aussenden. Aber was dann mit ihnen passiert, hängt von verschiedenen Umständen ab und ist Gegenstand der Arbeit von Astrophysikern. Bei Sternexplosionen, Novae und Supernovae wird in der Tat ein großer Teil der „inneren“ Energie in Bewegungsenergie umgewandelt, wie das bei Explosionen so üblich ist. LG, Joachim.
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Vielen Dank Joachim für die verständliche Erklärung!
Lg Babsi
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Dieses Foto von Herr Backhaus ist übrigens traumhaft schön!
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Ich werde es ihm weitersagen. Er wird sich sicherlich darüber freuen. LG, Joachim.
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