Dinge werden durch die Zeit beeinträchtigt, in dem Sinne wie wir zu sagen pflegen, daß die Zeit die Dinge zerbröckelt, und daß alles durch die Zeit altert und durch den Zeitablauf in Vergessenheit gerät. Aber wir sagen nicht, daß wir durch die Zeit gelernt haben, oder daß etwas durch sie neu oder schön geworden ist, denn wir sehen die Zeit an sich eher als Ursache des Verfalls an… Ein hinreichendes Zeichen dafür kann in der Tatsache gefunden werden, daß nichts entsteht, ohne durch irgendeine Ursache bewegt und aktiviert zu werden, daß aber Dinge vergehen, auch wenn sich nichts bewegt. Und diese Art von Vergehen ist es, die wir speziell der Zeit zuschreiben. (Aus: Aristoteles. Physica IV)
Die Asymmetrie des Ablaufs der Zeit, die Aristoteles hier als Beeinträchtigung der Dinge umschreibt, wird in der Physik durch das Entropieprinzip erfasst. Danach kann die Entropie eines abgeschlossenen Systems nur zunehmen, was sich anschaulich in zunehmender Unordnung, Zerfall, Entwertung, Aufheben von Unterschieden bemerkbar macht. Auch wenn dieser Lauf der Dinge meist negativ konnotiert ist, kann man dem historischen Holzbrett auf dem Foto, dessen lange Geschichte in den abblätternden Farbschichten schemenhaft zum Ausdruck kommt, eine gewisse Schönheit nicht absprechen.
Jetzt weiß ich, warum ich ein gutes Glas Wein schätze – da geht die Entropie mal in eine angenehme Richtung – zumindest für einige Zeit😄
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Für die Entropie der/des Genießenden stimmt das absolut. Die „angenehme Richtung“ bedeutet Entropieabnahme und die Erlangung einer höheren Ordnung, wie immer sie sich bei der einem oder dem anderen auswirkt. Was wir nicht sehen ist die Entropiezunahme insgesamt. Und das ist auch gut so.
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Wie Zeit auf die Dinge einwirkt oder welche Prozesse nach und nach ein Stoff (mir seiner Umgebung) erfährt, das sind Umwandlungen, Abläufe, die an sich eine Schönheit besitzen. Weil Grundgesetze wirken.
Auch die Faltung von Proteinen etwa, die man ja neuerdings versucht, quasi bildhaft, einem Video gleich nachzuvollziehen, ist solche eine spannende Sache.
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Interessanterweise findet man im Mikroskopischen oft ähnliche Mechanismen, wie man sie aus der vertrauten Umwelt kennt.
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