Angesichts der schieren Masse der Bücher und anderer Publikationen könnte der Eindruck entstehen, dass darin alles stehen müsste und dass man schon aufgrund seiner begrenzten Lebensspanne darauf verzichten könne, selbst noch einmal hinzuschauen und die Dinge aus eigener Anschauung wahrzunehmen. Dieser Eindruck ist aus mehreren Gründen falsch. Ich will nur zwei Aspekte nennen. Erstens: Es wird unterstellt, dass die Welt wie ein Buch lesbar sei. Das ist zwar eine elegante Metapher und vermag einige Aspekte der naturwissenschaftlichen Forschung sehr vereinfacht darzustellen. Diese Metapher ist seit Galilei insbesondere in den Naturwissenschaften sehr populär. Konsequent zu Ende gedacht würde damit aber behauptet, dass die Welt die naturwissenschaftlichen Aspekte gleichsam ablesbar an sich habe und dass jeder, der der Sprache (welcher Sprache?) mächtig sei, dasselbe lesen und sehen müsste, wenn er nur genau genug hinsähe. Zweitens gibt es neben dieser„intellektuellen“ auch noch andere Annäherungen an die Welt. Zum Beispiel eine emotionale, eine ästhetische, eine poetische…. Daher sollten wir uns nicht scheuen, Bücher auch mal als Sitzgelegenheit zu benutzen.
Dennoch: Tröstlich wie immer bleiben die Bücher als leichte, zuverlässige Schiffe für Fahrten in Zeit und Raum und darüber hinaus. Solange noch ein Buch zur Hand und Muße zum Lesen da ist, kann die Lage nicht verzweifelt, nicht gänzlich unfrei sein.
Hans Blumenberg. Die Vollzähligkeit der Sterne. Frankfurt 1997.
…“Bücher als leichte, zuverlässige Schiffe für Fahrten in Zeit und Raum und darüber hinaus“ – das ist ein schönes Bild . Erfreulich, wenn man solche Bücher findet!!
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Vielen Dank für das schöne „Bild“, mit den Büchern in andere Welten zu fahren. Wichtig ist nur, dass man bevor man das jeweilige Buch ausgelesen hat, keine kleinen Papierschiffchen daraus macht.
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