Wenn man in die Museumsräume des Zentrums für internationale Lichtkunst über einen Treppengang eintritt, wird man bereits von einem ersten Lichtphänomen eingenommen, das als solches gar nicht als Kunstwerk ausgewiesen ist (siehe oberes Foto). Gewöhnt man sich nämlich einige Minuten an das von blauen Leuchtstoffröhren beleuchtete Gewölbe und blickt dann zurück auf die weißgetünchten Wände des Eingangs, die noch vom Tageslicht beleuchtet werden, so erstrahlen diese in einem rötlichen Schimmer, in der Komplementärfarbe des Blaus. Man sieht also eine Farbe, die objektiv gar nicht vorhanden ist und einen rein wahrnehmungsphysiologischen Effekt darstellt, auf den ich in diesem Blog bereits in einigen anderen Kontexten eingegangen bin (z.B. hier und hier und hier). Es handelt sich um einen Effekt der chromatischen Adaptation oft auch mit einer etwas anderen Schwerpunktsetzung als Simultankontrast bezeichnet.
Trifft in einem beschatteten Bereich nur das blaue Himmelslicht auf eine weiße Wand oder eine Schneefläche, so sollte diese blau erscheinen. Und wer unter dem Blätterdach der grünen Bäume wandert, sollte das weiße Papier seines Wanderführers in einen Grünschimmer getaucht sehen. Sieht sie oder er aber meist nicht, weil das visuelle System des Menschen dazu tendiert, als überwiegende Farbe Weiß wahrzunehmen. Man muss schon günstige Situationen vorfinden oder Tricks anwenden, um in den Genuss der „wahren“ Farbe zu kommen.
Diesen Effekt sieht man in dem Museum noch an einer anderen Stelle (unteres Foto), wo er vermutlich auch nicht beabsichtigt ist. In einem Kellergewölbe, in dem eine Installation mit vorwiegend rotem Licht die Farbwahrnehmung dominiert, gibt es eine Fensternische, deren Wand von außen mit Tageslicht beleuchtet wird. Man sieht aber keine weiße Wand, sondern eine grüne. Die „weiße“ Wand erstrahlt für einen in dieses Rot getauchten Betrachter in einem grünlichen Schimmer. Grün ist die Komplementärfarbe von Rot. Wieder sieht man aufgrund der chromatischen Adaptation eine Farbe, die nicht da ist. Übrigens arbeiten viele Kunstinstallationen von James Turrell genau mit diesem Effekt. Wie gesagt, mit etwas Aufmerksamkeit kann man solche Kunstwerke auch an Stellen sehen, an denen man sie nicht erwartet, auch in freier Natur.
Ich hatte das Zentrum in Unna verortet und so war es auch 😀
Vor etwa 8 Jahren entwarf ich eine Tour de force, eine kunstschau in 6 Tagen , sozusagen einen alternativurlaub mit mindestens 2 Museen am Tag. Unna war dabei. Ungeplant an diesem Tag in Hagen das Schumachermuseum.
Eine ganz wunderbare Erinnerung.
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Unna steht für mich und einem Freund wohl auch in diesesm Jahr wieder auf dem Programm. 🙂
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