Der Winter malt nicht nur schwarzweiß. Wer genauer hinschaut, findet reichlich Farben. In früheren Beiträgen haben wir bereits auf einige Farbphänomene aufmerksam gemacht (zum Beispiel hier und hier). Hier ist ein weiteres. Das Foto zeigt einen Ausschnitt aus der Eisschicht einer zugefrorenen Regentonne. Die irisierenden Farben weisen auf Interferenz an dünnen Schichten hin.
Wie kommt es hier zu dünnen Schichten? Zum Glück habe ich bereits vor dem Zufrieren bereits bemerkt, dass die Oberfläche von einem ölartigen Film bedeckt war. Da das Wasser des Dachs in einer Rinne mit reichlich verfaulten Blättern und anderen biologischen Rückständen gesammelt wird, wird es unter anderem durch (bio-) ölhaltige Stoffe verunreinigt. Anders als dichtere Schwebestoffe im Wasser, die sich nach der schlussendlichen Landung in der Regentonne allmählich am Boden absetzen, steigen die Öle wegen ihrer geringeren Dichte zur Wasseroberfläche und breiten sich dort in einem meist dünnen Film aus.
Wenn das Wasser gefriert, wird dieser Film von der Front der wachsenden Eiskristalle zusammengeschoben und bleibt meist dort, wo die Oberfläche zuletzt zufriert. Mehr oder weniger fest mit der Eisschicht verbunden macht sie sich nunmehr als Eyecatcher nützlich. Was mit dem weißen Licht in dieser dünnen Schicht passiert, um derart farbig zu werden, kann an anderer Stelle nachgelesen werden.
Die Eisschicht ist außerdem an der Stelle der Farben wie ein gebackenes Brot aufgebrochen. Dafür ist die Anomalie des Wassers verantwortlich. Anders als die meisten anderen Flüssigkeiten, die sich beim Erstarren zusammenziehen, dehnt sich Wasser aus. Da die durch den Tonnenrand begrenzte Oberfläche keine Ausdehnung zulässt, wölbt sich die Eisschicht an der schwächsten Stelle etwas nach oben und bricht mehr oder weniger stark auf. Vermutlich ist der Ölfilm verantwortlich dafür, dass an dieser Stelle der Gefriervorgang hinausgezögert wird und daher als erster dem Aufwölbungsdruck der zunehmenden Eisschicht nachgibt.
Den Effekt kennt man ja auch von „deinen“ Schneckenspuren.
Sehr feiner Artikel hier. Leicht zu verstehen und dennoch mit Gehalt (Ölfilm, verzögertes Zufrieren und damit Schwachpunkt).
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Mit meinen Querverweisen habe ich dich wohl „aufs Eis“ gelockt. Du bist offenbar einer der wenigen, die diesen Verweisen auch nachgehen. In der Verschiedenheit der einzelnen Beispiele zeigt sich aber, dass man bei der Interferenz an dünnen Schichten das Prinzip nur einmal verstanden haben muss, um auch neue Beispiele sofort verstehen zu können.
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ja!
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