Schlichting, H. Joachim. Spektrum der Wissenschaft 3 (2018), S. 68 – 70
Licht wird auf seinem Weg durch eine Doppelglasscheibe an verschiedenen Grenzflächen reflektiert. Unter günstigen Umständen führt das zu eindrucksvollen Interferenz- erscheinungen.
Das Verhältnis des Lichts zur durchsichtigen Farbe ist,
wenn man sich darein vertieft,
unendlich reizend
Philipp Otto Runge (1777–1810)
Blickt man unter einem sehr flachen Winkel auf eine Doppelglasscheibe, so kann man mit etwas Glück Farbschlieren sehen. Besonders geeignet sind bis zum Boden reichende Scheiben (Balkontüren) oder Dachfenster. Im ersteren Fall tritt man dicht an die Scheibe heran und blickt fast streifend an der Scheibe hinab. Oder man klappt ein Dachfenster mit Isolierglas steil nach oben und blickt unter großem Winkel flach an der Scheibe hoch (Abb. 1).
Noch einfacher wenn auch wesentlich kleinflächiger bekommt man die Farberscheinungen zu sehen, wenn man eine Außenjalousie nur so weit herunterlässt, dass die Spalte zwischen den Lamellen offen bleiben, durch die schmale Streifen Sonnenlichts auf die Scheiben fallen. In diesem Fall sind die Lichtverhältnisse so günstig, dass man ganze Gruppen von farbigen Spaltbildern auf der Jalousie sehen kann (Abb.2). Man kann aber auch das durchgehende Licht auffangen, indem man es beispielsweise mit einem Bogen weißen Papiers auffängt.
Um diesem allgegenwärtigen, aber selten bewusst wahrgenommenen und kaum verstandenen Phänomen auf die Spur zu kommen, betrachten wir den Weg des Lichts durch die Scheiben bis zur Projektion. Der Einfachheit halber verfolgen wir ein kleines Lichtbündel, das schräg auf die Scheibe trifft. Auf der Scheibe wird ein Teil des Lichts reflektiert, der überwiegende Rest läuft weiter und erleidet an jeder Grenzfläche dasselbe Schicksal. Man kann sich leicht klarmachen (Abb. 3), dass es zahlreiche Reflexionsmöglichkeiten gibt. Um Ordnung in das Geschehen zu bringen, bezeichnen wir mit n = 0, 1, 2, 3… die Zahl der Reflexionen an den Grenzflächen, mit denen ein Teilstrahl in die Ausgangsrichtung zurückgeschickt wird. Um im Auge des Betrachters bzw. auf dem vor dem Fenster angebrachten Schirm zu landen sind daher stets 2n Reflexionen nötig.
Für n = 1 gibt es in der Doppelscheibe vier Möglichkeiten. Davon führen zwei Möglichkeiten zu einer Überlagerung der parallel verschobenen Teilstrahlen nämlich den Fall 1 (Abb. 3 Mitte) und den Fall 3 (Abb. 3 rechts). Denn da der Betrag der seitlichen Verschiebung der Reflexe unabhängig davon ist, ob die Hin- und Herreflexion in der einen oder in der anderen Scheibe erfolgt, kommen die Teilstrahlen nach der letzten Reflexion wieder zusammen. Im 2. und 4. Fall (Abb. 3 links) fehlen jedoch die passenden Partnerstrahlen, so dass es dort zu keiner Überlagerung kommen kann…
PDF: Bunte Schlieren im Fenster oder beim Autor anfordern: schlichting@uni-muenster.de
Ich wäre Dir sehr verbunden, wenn Du mir das PDF zuschicken könntest!
Danke!
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Ist schon geschehen.
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oh danke!
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