Die Falten im Bettlaken fordern gerade dazu heraus, glattgestrichen zu werden. Damit werden aber auch die Umstände und Vorgänge, die zu ihrer Entstehung führten, für alle Zeiten vernichtet. Hätte man eine „Theorie der Falten in einem Kopfkissen“, wie sie Georg Christoph Lichtenberg (1742 – 1799) vorschwebte, so ließe diese sich vermutlich mit geringfügigen begrifflichen Anpassungen und einigen Analogien ohne größere Probleme auf ein Bettlaken und – ich bin jetzt mal etwas kühn – auf eine Schneedecke, wie sie in der nebenstehend abgebildeten Fotografie zu sehen ist, übertragen. Und dann wäre man der besten aller Welten im Sinne Johann Gottfried Leibniz (1646 – 1716) vermutlich dicht auf den Fersen. Denn er geht davon aus, dass man die Schönheit des Universums in jeder Seele erkennen könne, wenn man alle ihre Falten aufzudecken vermöchte („déplier tous ses replis“, wie in der Monadologie §22 nachzulesen ist). Doch auch Leibniz war klar, dass sich diese erst mit der Zeit merklich entwickeln würden.
Beim Bettlaken oder auch noch bei der Schneedecke mag der Zeitfaktor zumindest in unseren Breiten gemessen an der Lebensspanne eines Menschen noch vernüftig erscheinen. Aber wie ist es mit den gefalteten Landstrichen, den Gebirgen? Vielleicht schafft man es, sie dadurch zu entfalten, dass man sie erwandert.
Wie viele Generationen von Menschen vor mir, trage ich meinen Teil dazu bei, dass ich keine Mühe scheue, den Falten in den Bergen nachzuspüren, um jedoch nicht diese, sondern Körper, Geist und Seele dabei zu entfalten. Ob Lichtenberg oder auch Leibniz an diese Möglichkeit gedacht hat?
So gesehen, empfunden, ist die Erde umspannt mit einer „Haut“, die sich entsprechend von inneren und äusserer Einflüssen ständig ver-o der entfalltet.
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Ja, allerdings so ähnlich wie eine Eintagsfliege einen schrumpelnden Apfel empfindet 😉
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