Dröhnend verkündete der Ansager neben uns: „Letzte Fahrt des Riesenrades für diese Saison ! Wer will noch mal ! Wer . . . “ Schon hatte ich 2 Bilets erstanden; schon Ilse bei der sommersprossigen Hand genommen; schon saßen wir nebeneinander in der Gondel, die unter angemessener Sambabegleitung nach oben zu steigen begann.
Hoch; ja höher. Oben allein. Und untertauchen in Krach und Helligkeit (wie sagt Sir Thomas Browne im <Religio Medici>? : And even that tavern-music, which makes one merry, another mad, in me strikes a deep fit of devotion.“ And so on) . Neuerdings aufstiegen wir. Sanken wieder auf den Grund des Lichterteiches : in die korallenbunten Gerüste; Knaben ritten auf Seepferdchen; langbeinige Wasserjungfern quälten Würste mit spitzen Fingern, mit Zähnen…..*
Erinnert wurde ich an diese Passage von Arno Schmidt (1914 – 1979) als ich beim vergangenen Münsteraner Send beobachtete, wie die Sonne dabei war, ein Loch in eben die Gondel zu brennen, in der die beiden saßen.
Übrigens, heute ist Sommersonnenwende (Solstize) der offizielle (astronomische) Sommeranfang. Die Sonne erreicht ihre größte Höhe in diesem Jahr. Danach geht es wieder abwärts, wie im Riesenrad, nachdem der höchste Punkt überschritten ist. Der Sonnenreflex wechselt bei der Linksdrehung des Riesenrades zur reflektierenden Scheibe der nächst niedrigen Gondel usw. In der Bewegung betrachtet, sieht es für einen Moment so aus, als würde die Sonne sinken. Tut sie im Grunde auch, aber zunächst ganz langsam. Es wird einige Zeit dauern, bis wir es merken.
*Arno Schmidt. Schulausflug. In: Sommermeteor. München 1969.
Wenn wir es merken!
Unlängst las ich über den Sonnenstand in anderen Regionen der Erde. Es war AUCH ein Buch über praktische Physik, das ich, aus Gründen zunehmender Zeitknappheit, nur in Auszügen las. Ein befreundeter Wissenschaftsjournalist meinte dazu, daß das dem Buch und dem Autor sicher nicht gerecht werde.
Aber unsere Zeit wird knapp und man möchte noch soviel wissen, zumindest erahnen. Davon schmecken.
Diese Haltung ist doch nicht einfach von der Hand zu weisen!!
Ich denke an Hoimar von Ditfurth zurück, der in einem seiner letzten Interviews meinte, daß er es als Zynismus erlebe, daß er gerade jetzt abtreten müsste, wo man doch so nahe dran sei, bestimmte Phänomene erklären zu können. Aber da lag er dann doch falsch, man ist noch mitten im Rennen.
Zurück zur irdischen Sonne:
Heute brannte sie heftig und ich schwitzte gehörig, als ich mit Freunden einen Stand am Umsonst&Draussen Würzburg aufbaute. Hoffentlich ist sie morgen gnädiger…
Gute Nacht, Joachim!
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Wenn wir es merken, sind oft schon Wochen ins Land gegangen. Man stellt plötzlich fest, dass es früher dunkel wird.
Ich denke, dass es im Zeitalter der Informationsflut gerechtfertigt ist, Bücher nicht mehr von A bis Z durchzulesen, sondern sich die Rosinen herauszupicken, vor allem dann. Das gilt insbesondere für populärwissenschaftliche Bücher.
Hoimar von Ditfurth habe ich früher auch gern gelesen. Ich würde sogar sagen, man ist immer im Rennen und wird es immer bleiben. Endgültiges wird es vor allem im Bereich der Wissenschaften nicht geben.
Ich wünsche euch einen erträglichen Tag an eurem Stand. Gruß, Joachim.
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Den werden wir wohl haben, Joachim. Wir werben ein wenig für unsere Jazz-Vereinigung und werden uns sicher gegenseitig unterstützen.
Gruß
Gerhard
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Mich verblüfft deine Vielseitigkeit. Ich hatte eher an den Verkauf von Keramikkunstwerken gedacht. Gruß, Joachim.
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ein höchst origineller Sonnenstandmesser – das Riesenrad und seine Gondeln! Du schreibst, dass die Verkürzung des Tages anfangs kaum bemerktbar ist und wie geringfügig sich der Sonnenstand verändert. Ich habe dazu eine Frage: die scheinbare Kurve, die die Sonne beschreibt, verlaufe nicht ebenmäßig, sondern vom Höhepunkt aus betrachtet zuerst flach, dann immer steiler, sie stürze quasi dem niedrigsten Stand entgegen – las ich mal irgendwo. Ist das so? Und wenn ja, warum? (ich hoffe, du verstehst meine höchst unzulänglich formulierte Frage)
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Ich kann dir, liebe Gerda, heute nur eine kurze Antwort geben, denn deine Frage läuft auf nicht weniger als die Erklärung der Jahreszeiten hinaus. Ich werde mir aber bei Gelegenheit die Mühe machen, das Ganze durch eine Illustration zu erhellen und dir dann per Email schicken.
Vorerst muss es genügen, dass die Tageslänge gegen die Zeit eines Jahres aufgetragen eine im (grob gesehen) im Januar ansteigende Kurve darstellt, die im Juni ihren Höhepunkt findet und dann wieder absteigt, um am Jahresende wieder aufzusteigen. Wenn du nun die Änderung der Tageslänge um das Maximum betrachtest, so ändert sich nur sehr wenig (vom 1. Juni bis 1. Juli sind es nur etwa 15 Minuten), wenn die Kurve dann in den folgenden Monaten absinkt, wird die Änderung stärker (vom 1. Sept. bis 1. Okt. sind es fast 2 Stunden Unterschied). Danach wird die Abnahme wieder „langsamer“ und wird um die Weihnachtszeit minimal. Man muss so eine Kurve vor sich haben und vor allem sich klarmachen, wie es aufgrund der schrägen Erdachse zu dieser Kurve kommt.
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Würde ein Riesenrad, wenn es (sich) sehr schnell drehen würde, eher abheben und ‚fliegen‘ oder eher auf der Erde fahren?
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Das Rad würde auf dem Boden weiterrollen wie ein in Rotation versetztes Laufrad eines Fahrrads.
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