Nach der Mondfinsternis kommt hier die partielle Sonnenfinsternis der besonderen Art. Und das haben wir den Disteln zu verdanken. Denn diese beginnen in diesen Wochen damit, ihre Samen für den Start ins Ungewisse vorzubereiten. Einige Blüten stehen zwar noch in der vollen Pracht ihres Distelpurpurs, eifrig besucht von allerlei Insekten, andere lassen bereits die Weißhaarigkeit durchschimmern und viele Blüten sind bereits „explodiert“, indem sie ein Übermaß an Samen hervorquellen lassen, die jeweils an einer Art Gleitschirm hängen, mit dem sie bei der nächsten Gelegenheit und günstigem Wind auf Reisen zu neuen Ufern gehen.
Blickt man durch ein solches Gewusel von weißen Haaren hindurch gegen die Sonne (zur Schonung der Augen am besten mit einer Sonnenbrille), dann kann man zwei faszinierende Phänomene zu Gesicht bekommen.
Zum einen scheinen sich Elemente konzentrischer Ringe um die ausgeblendete Sonne zu runden und zum anderen erstrahlen diese an vielen Stellen in metallisch glänzenden Spektralfarben.
Das Phänomen der quasi konzentrischen Ringe ist uns in anderer Form bereits mehrfach in diesem Blog begegnet (z.B. hier und hier). Es beruht zum einen darauf, dass die Haarbüschel wegen ihrer Kleinteiligkeit eine Vielzahl in alle möglichen Richtungen orientierte Miniflächen aufweisen, die das Licht spiegelnd ins Auge reflektieren. Aus Symmetriegründen gibt es zu jedem (nach dem Reflexionsgesetz) passenden Winkel zahlreiche weitere, die auf gedachten konzentrischen Kreisen um die Sonne herum liegen. Wenn nun einige der passenden Winkel zufällig übereinstimmen mit entsprechenden Miniflächen der Haarbüschel, so leuchten diese hell auf, weil sie uns das Sonnenlicht in die Augen spiegeln. Da die Sonne eine ausgedehnte Lichtquelle ist und die Haarbüschel eine gewisse Rauigkeit aufweisen, wird das Licht nicht nur von einem Punkt reflektiert, sondern auf einer gewissen Länge des jeweiligen Haarbüschels. Diese reflektierenden Abschnitte schmiegen sich wie Tangenten an die gedachten Kreise günstiger Reflexionswinkel. (Da diese ringförmigen Reflexionsmuster Spezialfälle des Schwerts der Sonne sind, findet man dort die physikalischen Grundlagen für das Phänomen).
Die Spektralfarben kommen durch Beugung des Lichts an den sehr feinen Strukturen der Haarbüschel zustande. Stark vereinfacht kann man sich die Beugung folgendermaßen vorstellen: Wenn eine mit den feinen Härchen wechselwirkende Lichtwelle dadurch in einzelne Teilwellen zerlegt wird und diese sich im Auge des Betrachters oder auf dem Chip einer Kamera überlagern, kann es zur Verstärkung, Abschwächung oder vollständiger Auslöschung der Intensität einzelner Wellenlängen kommen. Denn da die Teilwellen geringfügig unterschiedliche Wege zurückgelegt und dadurch einen sogenannten Gangunterschied bewirkt haben, sind die Wellenberge und Wellentäler gegeneinander verschoben. Bei einer Verschiebung von beispielsweise genau eine Wellenlänge (aus dem Spektrum des weißen Lichts) fallen Wellenberge auf Wellenberge und verstärken das Licht. Eine Verschiebung um eine halbe Wellenlänge führt zur Auslöschung der entsprechenden Wellenlänge und damit der Farbe im Spektrum. Durch diese Verstärkung und Abschwächung einzelner Wellenlängen des weißen Lichts bleiben entsprechende Farben zurück, die auf dem Foto deutlich zu erkennen sind.
Wow! Joachim, du bemühst dich wirklich sehr um Aufklärung! Diesen Beitrag muss ich mir morgen nochmal zu Gemüte führen.
Schönen Gruß
Gerhard
LikeGefällt 1 Person
Danke, lieber Gerhard! Weil beide Phänomene zwar schön aber nicht ganz leicht zu verstehen und noch schwieriger allgemeinverständlich zu erklären sind, ringe ich mit den richtigen Worten. Gruß, Joachim.
LikeGefällt 1 Person
Interessant und faszinierendes Foto….
LikeGefällt 1 Person
Danke! Das Foto war leichter zu machen als die Erklärung…
LikeGefällt 1 Person
das Foto ist auch leichter zu verstehen und zu bewundern als die Erklärung. Nicht physikalisch, natürlich, sondern rein ästhetisch 🙂
Nun muss ich nachlesen, was das Lichtschwert ist.
LikeGefällt 1 Person
Musst du nicht unbedingt: Ein Lichtschwert ist wie ein Schwert der Sonne, eine Lichtbahn, wie sie in ihrer bekannten Version am Abend oder Morgen am Meer zu bewundern ist, wenn die Sonne unter- oder aufgeht und ihre „Straße der Glückseligkeit“ (so heißt es in Russlang) oder ihren „glitter path“ (englisch) zum Beobachter hin ausbreitet.
LikeLike
Glitter path klingt deutlich besser als das mit dem Schwert:
Habe den Text gerade ausgedruckt – da fällt es mir deutlich leichter, ihn zu lesen 🙂
LikeGefällt 1 Person
Der Ausdruck „Schwert der Sonne“ stammt von Italo Calvino, ein früherer Lieblingsschriftsteller von mir. Du könntest auch Lichtbahn sagen, ein Ausdruck der im Deutschen auch manchmal benutzt wird.
LikeGefällt 1 Person