Wenn die Sonne auf einer glatten Wasseroberfläche gespiegelt wird, sieht es so aus, als würde eine Spiegelsonne aus den Tiefen des Sees heraus leuchten. Dabei ist sie im virtuellen Raum unter der Wasseroberfläche genauso weit unter wie die reale Sonne über der Wasseroberfläche. Dass man das meist nicht so zu sehen vermeint, liegt daran, dass unser Verstand scheinbar korrigierend eingreift.
Eine ähnliche Situation liegt vor, wenn wir aus großer Höhe, zum Beispiel von einem Berg oder einem Flugzeug aus die Sonne auf flachen, in der Luft driftenden Eisplättchen gespiegelt sehen, die wir selbst gar nicht wahrnehmen. Nimmt man den Horizont als Orientierungslinie hinzu, so kann man feststellen, dass diese sogenannte Untersonne, genauso weit darunter wie die reale Sonne darüber liegt (siehe unteres Foto). Dabei sind natürlich keine absoluten Entfernungen gemeint, sondern die Winkelhöhe.
Diese Untersonne zählt zu den Haloerscheinungen, die durch Brechung und Spiegelung an Eisplättchen hervorgerufen werden. Die Lichtsäule über einer Laterne gehört ebenso dazu wie die Nebensonne. Während bei der Lichtsäule die Sonnenstrahlen an der Unterseite reflektiert werden, erfolgt die Reflexion bei der
Untersonne an der Oberseite der sinkenden Eisplättchen (siehe Skizze). Und weil die Eisplättchen während ihres lansamen Sinkens leicht um die Gleichgewichtslage schwanken, variiert der Reflexionswinkel ein wenig. Das macht sich visuell in einer in die Länge gezogenen Form bemerkbar.
Die Schwankungen der Plättchen haben einen ganz ähnlichen Effekt wie die statistisch verteilten Wellen auf dem Meer beim Zustandekommen des Schwerts der Sonne: Das reflektierte Sonnenlicht erreicht die Augen des Beobachters aus einem gewissen Winkelbereich.
Schwanken also die Eisplättchen beim Sinken?Dann dürften doch eigentlich oft Winkel entstehen, die kein Licht ins Auge werfen. Wieso dann Verlängerung der Sonne? Ich würde eher geringere Intensität erwarten.
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Ohne Schwanken der Eisplättchen gäbe es nur eine Stelle, von der gemäß Einfallswinkel = Reflexionswinkel Licht ins Auge reflektiert würde. Kleine Abweichungen davon ermöglichen, dass auch von Eisplättchen aus der näheren Umgebung ins Auge reflektiert wird. Und da sehr viele Eisplättchen unterwegs sind, sind stets einige passend orientiert. Was man wie ein zusammenhängendes Lichtgebilde sieht ist also eine Momentaufnahme eines bewegten Vorgangs. Man sieht stets andere Eisplättchen aufblitzen. Die Intensität ist natürlich wesentlich geringer als die der Sonne. Man kann bedenkenlos in eine Unter- oder auch Nebensonne hineinblicken.
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Immer wieder staunend ….
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Das stimmt. Ich staune immer wieder, wie vom Regenbogen bis zu Haloerscheinungen der Sonne, die Natur sich mit außerordentlichen Phänomenen schmückt, die man sich so kaum ausdenken könnte.
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Nebensonne, Untersonne und auch noch das Schwert der Sonne, ich lerne und das ist gut so!
herzliche Grüße
Ulli
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Das freut mich. Die poetische und künstlerische Darstellung zumindest des Schwerts der Sonne wird auf diese Weise durch einen weiteren Aspekt ergänzt. Bei den anderen Sonnenphänomenen ist es schon etwas seltener. Da muss man schon suchen. Die von Schubert vertonte Winterreise von Wilhelm Müller wäre hier zu nennen. Das liegt aber auch daran, dass man bei der Beobachtung teilweise gegen die Sonne blicken muss, was man natürlich meist meidet.
Liebe Grüße, Joachim.
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Bei dir ist das künstlerische, „spirituelle“ und wissenschaftliche gut verquickt.
Man kann Phänomene durchaus in verschiedener Weise betrachten, ohne damit Falsches zu sagen.
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Danke, lieber Gerhard! Eine meiner wesentlichen Überzeugungen ist, dass es mehrere Sehweisen auf denselben Sachverhalt gibt. Und wenn du den Eindruck hast, dass mir dass hin und wieder zu zeigen gelingt, freue ich mich natürlich.
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Eine passende Umgebung für das Brockengespenst
https://de.wikipedia.org/wiki/Brockengespenst
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Vom Atmosphärischen schon, aber ansonsten eher weniger, weil man beim Brockengespenst die Sonne im Rücken haben müsste.
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