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Marginalia, Physik im Alltag und Naturphänomene

Zur Lesbarkeit des Wüstensands

Dieses ist schon längst gesagt, man kömmt aber von allen Seiten wieder darauf. So suchen wir Sinn in die Köperwelt zu bringen. Die Frage aber ist, ob alles für uns lesbar ist. Gewiß aber läßt sich durch vieles Probieren, und Nachsinnen auch eine Bedeutung in etwas bringen was nicht für uns oder gar nicht lesbar ist. So sieht man im Sand Gesichter, Landschaften usw. die sicherlich nicht die Absicht dieser Lagen sind.

Georg Christoph Lichtenberg. Sudelbücher J1-393

Auf dem Foto sieht man Strukturen in einer Mischung aus weißen und schwarzen Sandkörnern in einem wüstenartigen Dünengebiet, die sich durch unterschiedliche Einflüsse (Wind, Schwerkraft, Feuchtigkeit u.A.) entmischt und das vorliegende Muster hervorgebracht haben. Während der Aufnahme wehte ein kräftiger Wind und man konnte innerhalb weniger Minuten eine kontinuierliche Umstrukturierung beobachten. Die Mechanismen der Strukturbildung sind in diesem Blog an mehreren Stellen angesprochen worden (z.B. hier und hier und hier).

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Diskussionen

13 Gedanken zu “Zur Lesbarkeit des Wüstensands

  1. Wohl dem, der die Strukturen lesen kann 😉

    Gefällt 1 Person

    Verfasst von kopfundgestalt | 8. Februar 2019, 01:01
  2. Mir kommt bei solchen Bildern immer der Anfang der „Lehrlinge zu Sais“ von Novalis: „Mannigfache Wege gehen die Menschen. Wer sie verfolgt und vergleicht, wird wunderliche Figuren entstehen sehn; Figuren, die zu jener großen Chiffernschrift zu gehören scheinen, die man überall, auf Flügeln, Eierschalen, in Wolken, im Schnee, in Kristallen und in Steinbildungen, auf gefrierenden Wassern, im Innern und Äußern der Gebirge, der Pflanzen, der Tiere, der Menschen, in den Lichtern des Himmels, auf berührten und gestrichenen Scheiben von Pech und Glas, in den Feilspänen um den Magnet her, und sonderbaren Konjunkturen des Zufalls, erblickt. In ihnen ahndet man den Schlüssel dieser Wunderschrift, die Sprachlehre derselben, allein die Ahndung will sich selbst in keine feste Formen fügen, und scheint kein höherer Schlüssel werden zu wollen. Ein Alkahest scheint über die Sinne der Menschen ausgegossen zu sein. Nur augenblicklich scheinen ihre Wünsche, ihre Gedanken sich zu verdichten. So entstehen ihre Ahndungen, aber nach kurzen Zeiten schwimmt alles wieder, wie vorher, vor ihren Blicken.“

    Denn auch die Menschenwege sind wie Hieroglyphen, deren Bedeutung verloren gegangen ist. Das quält uns, und wir bemühen uns sehr, ihren Sinn zu entziffern.

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    Verfasst von gkazakou | 8. Februar 2019, 13:49
    • Das Zitat ist nicht nur passend, sondern auch schön. Ich habe sogleich den Novalis vom Bord geholt und mich an meine Germanistikzeit erinnert, der Text war restlos verschüttet. Die Passage ist so überzeugend, dass ich sie demnächst mit einem ähnlichen Foto vielleicht noch mit einer Pareidolie versehen (mal sehen?) bringen werde. Dank dir für den Hinweis 

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      Verfasst von Joachim Schlichting | 8. Februar 2019, 20:58
      • gerne! Die Lehrlinge von Sais sind für mich ein Schlüsseltext. Insbesondere fasziniert mich, dass die menschlichen Wege und Schicksale beschrieben werden wie die Formationen, die man in der Natur überall beobachten kann und deren Sprache man zu entschlüsseln sucht, Und der Ofterdingen hat, wie kein anderet Text, mein Interesse an der Geologie geweckt.

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        Verfasst von gkazakou | 8. Februar 2019, 22:53
      • Die Romantiker, insbesondere auch die Frühromantiker, hatten überhaupt eine große Affinität zu den Naturwissenschaften. Die Naturwissenschaften verdanken den damaligen Philosphen und Dichtern einiges.

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        Verfasst von Joachim Schlichting | 9. Februar 2019, 10:06
  3. Verstehe ich das richtig – eine Makroaufnahme von einer Düne bzw. von Sand? Kommt mir als Betrachter wie eine glatt polierte Fläche vor. Ah, die Sudelbücher. Die muss ich unbedingt auch mal wieder vorkramen – meinen Dank!

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    Verfasst von simonsegur | 8. Februar 2019, 21:28
    • Damit du dir eine Vorstellung von der Größe der im Foto dargestellten Sandfläche machen kannst. Sie ist etwa 1,50 m lang. Die Fläche befand sich an einer leicht geneigten ziemlich festen Seite einer Sanddüne in einer aus hellem und dunklem Sand bestehenden Wüste. Weit davon entfernt poliert zu sein, wurden die Muster teilweise durch einen relativ starken Wind aus dem Boden heraus modelliert und teilweise mit frisch angewehten Sand umstrukturiert. Die durchgehenden Linien können als Höhenlinien angesehen werden und vermitteln eine Vorstellung von der Tiefe der Strukturen.

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      Verfasst von Joachim Schlichting | 8. Februar 2019, 21:55

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