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Physik im Alltag und Naturphänomene

Merkwürdige Lichtstreifen in einem winzigen Wasserfall

Auf einer Wanderung entdeckte ich in einem kleinen stürzenden Bach parallel angeordnete hell leuchtende Streifen im Wasser, die auf dem obigen Foto nur sehr unvollkommen wiedergegeben werden. Unser Auge ist eben doch in mancher Hinsicht der überlegenere „Apparat“. Diese Streifen waren just an den Stellen zu sehen, an denen das Wasser über einen kleinen Wasserfall etwa 10 cm „herabstürzten“.
Nachdem ich gesehen hatte, dass dieses Phänomen noch an einigen anderen Stellen zu sehen war, opferte ich eines dieser schönen Leuchtstreifen und entnahm dem Untergrund ein Eichenblatt (unteres Foto) als Formgeber für diese Streifen. Denn dessen wellblechartige Strukturierung war ursächlich für die streifenförmige Kanalisierung des Wassers verantwortlich. Das Wasser wurde durch die Rinnen zu kleinen, nahezu zylinderförmigen Wasserstrahlen umgeformt und führte zu der optischen Auffälligkeit. Das in einem Winkel von etwa 45° von vorn eingestrahlte Sonnenlicht wurde an den konkaven inneren Rändern der kleinen Rinnen gebündelt und reflektiert. Daher war das Wasser in diesem Bereich heller als an den anderen Stellen.
Hier findet sich ein im Frühling zu Tal bewegender Schmelzwasserbach mit im Herbst herabgefallenen Blättern zu einem Phänomen zusammen, das man sich so kaum hätte ausdenken können. Die Blätter sind vermutlich zunächst mit der beginnenden Strömung mitgenommen und übereinander geschoben worden bis die Last und damit die Reibung mit dem Untergrund so groß waren, dass kleine Unebenheiten am Boden ausreichten, sie zum Stillstand zu bringen. Sofern dies an einer abschüssigen Stelle geschah, waren die Bedingungen für das Lichtstreifenphänomen gegeben.

Die Sonne strahlt von vorn auf die bewegte Wasseroberfläche (unteres Foto, zum Vergrößern auf Bild klicken). An Stellen, an denen die Wellen gerade so geneigt sind, dass die Reflexe ins Auge oder Objektiv der Kamera reflektiert werden, kommt es daher zu zahlreichen blendend hellen Stellen. Schaut man sich diese Stellen genauer an, so entdeckt man, dass sie vorwiegend dreieckig geformt sind. Die Ursache für diese geometrische Form ist eine Folge der Fotoaufnahme. Bei ganz kurzer Belichtungszeit würde man nur einen hellen Punkt sehen, weil das Wasser fast still steht und die zeitliche Ortsunschärfe aufgrund der Bewegung sich kaum bemerkbar macht. Vielleicht spielt auch noch die kleinere Lichtmenge, die bei kurzer Belichtung auf den Chip fällt, eine Rolle. Bei längerer Belichtung bewegt sich das Wasser während der Aufnahme ein kleines Stück weiter. Der während dieser Zeit belichtete hintere Bereich (Grundlinie des Dreiecks) wird aufgrund der Ortsunschärfe und vielleicht auch wegen der in dieser Zeit größeren Lichtmenge breiter sein als der nur noch ganz kurz belichtete vordere Bereich (vordere Spitze des Dreiecks). Eine ähnliche Dreiecksbildung haben wir bei einem ganz anderen Phänomen im bewegten Wasser beobachten können.

Abgesehen von den interessanten physikalischen Aspekten wurde meine Aufmerksamkeit zunächst durch die naturschöne Szenerie erweckt: Frühlingshafter Sonnenschein, ein murmelnder und angesichts der solaren Beleuchtung in kräftigen Farben bezaubernder Bach.

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Diskussionen

8 Gedanken zu “Merkwürdige Lichtstreifen in einem winzigen Wasserfall

  1. Bewegte Wasseroberfläche: wunderschöne Bilder.

    Gefällt 1 Person

    Verfasst von Veronika | 7. März 2019, 09:08
  2. Ganz zu Anfang des Besitzes meiner Kamera fertigte ich Studien fliessenden Wassers an, mit unterschiedlichen Belichtungszeiten.
    Wie alle anderen Studien zur Technik von Kameras hat mich das kaum je begeistert, sodaß ich es bald aufgab, meine Kamera technisch-penibel beherrschen zu wollen.
    Davon unabhängig ist es aber gut zu wissen, welche Effekte man wo auffinden kann und mit welchen Mitteln sie zu sehen wären.
    Das ist ein für mich eher lebendiges Wissen – was Du immer wieder schön vermittelst. Gepaart natürlich mit physikalischem Hintergrund, was die Phänomene einzuordnen erlaubt.

    Danke dafür!

    Gefällt 1 Person

    Verfasst von kopfundgestalt | 7. März 2019, 11:26
    • Vielen Dank für deinen aufmunternden Kommentar. Du hast recht, lieber Gerhard, fließendes Wasser fotografisch zu erfassen ist schwierig. Entweder man lässt das Wasser (bei kurzer Belichtungszeit) erstarren oder es verschwimmt zu einem vernebelten Kontinuum. Dazwischen gibt es einige Dinge zu sehen, die entweder schön sind oder einen physikalischen Effekt zeigen oder im Idealfall beides. Wohl wissend, dass ich das, was ich vor Augen hatte, keineswegs würde abbilden können, habe ich mich bemüht, den für mich interessanten physikalischen Effekt auf den Chip zu bekommen. Das ist nach einigen Versuchen halbwegs gelungen, sodass ich meine Beobachtungen ein wenig illustrieren konnte. Eine gewisse Ästhetik geht m.E. außerdem von dem Foto aus, sodass es auch ohne die Physik eine Daseinsberechtigung hat. Denke ich.

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      Verfasst von Joachim Schlichting | 7. März 2019, 13:21
      • Du sprichst zum Schluß etwas an, auf das ich näher eingehen möchte:

        Muss etwas ästhetisch schön sein, damit ich es als Thema für mein vielleicht vornehmliches Interesse an der Physik wählen kann?

        Als weiteres Beispiel: In Journalen garniert man Berichterstattung im Schach oft mit abstrus wirkenden Besonderheiten der Akteure.

        Gefällig muß man Artikel sicher machen, das ist klar. Staubtrocken können und dürfen nur Weine sein 😉

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        Verfasst von kopfundgestalt | 7. März 2019, 14:02
      • Das sind gleich mehrere Probleme. Manche Physiker gehen davon aus, dass die Schönheit physikalischer Zusammenhänge eine Voraussetzung für die „Wahrheit“ ist. Die Schönheit muss dabei nicht unbedingt in einem konkreten Phänomen liegen, sondern beispielsweise in der Eleganz und Einfachheit einer mathematischen Formel.
        Was die Publikation von physikalischen Forschungsergebnissen betrifft, so scheint es mir zwar wünschenswert, dass die Darstellung interessant und ansprechend ist, das ist aber weder notwendig noch hinreichend. Auch auf trockene Weise können die größten Forschungsergebnisse publiziert werden.
        Anders sieht es bei journalistischen Berichten aus, in denen z.B. Menschen für die Physik begeistert werden sollen. Da muss man sich dann schon was Interessantes und Ansprechendes überlegen.

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        Verfasst von Joachim Schlichting | 7. März 2019, 20:46
      • Zum ersteren: Da ist ja gerade das Buch „Das hässliche Universum“ Thema so mancher Diskussionen.
        Zum 2ten d’accord.
        Zum 3ten:
        Da muss ich mir meine Antwort noch überlegen.

        Danke !!

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        Verfasst von kopfundgestalt | 8. März 2019, 00:58

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