Schatten sind meist negativ konnotiert. Das haben sie u.a. ihrer Dunkelheit, Flachheit und Farblosigkeit zu verdanken. Manchmal sind sie sehr rätselhaft und ziehen uns in eine Situation hinein, die nach Aufklärung verlangt. Das ist im nebenstehenden Foto der Fall.
Ich blicke durch eine Glastür der tiefstehenden Sonne entgegen und sehe zu Reinigungszwecken aufgestellte Leiter schemenhaft im Original und als überdimensionalen Schatten – was die Notwendigkeit der geplanten Reinigung noch einmal unterstreicht.
Der Schatten ist auf den ersten Blick rätselhaft – nicht nur dadurch dass er wesentlich größer als das Original erscheint, sondern auch dadurch, dass er das im unteren Bereich abgewinkelte vertikale Element der Leiter zu ignorieren scheint.
Die Vergrößerung ist insofern eine Täuschung als man den Schatten vom Betrachter aus hinter dem Original zu sehen vermeint und daher eine perspektivische Verkleinerung und keine Vergrößerung erwartet. Aber das was wir als Schatten der Leiter wahrnehmen, ist in Wirklichkeit auf der Scheibe positioniert, also nicht weiter weg als das Original, sondern näher bei. Daher erscheint die von uns weiter entfernte reale Leiter perspektivisch verkleinert.
Normalerweise kann ein transparentes und spiegelndes Medium keinen Schatten auffangen. Aber eine verschmutzte Scheibe – wie im vorliegenden Fall – kann das auftreffende Sonnenlicht streuen, d.h. unabhängig von der Einfallsrichtung in alle Richtungen diffus reflektieren also auch in unsere Augen. Die Scheibe erscheint durch diese Aufhellung in ihrer Transparenz eingeschränkt. Lediglich an den Stellen, an denen das Sonnenlicht durch die Leiter ausgeblendet wird, bleibt sie dort wegen des fehlenden Streulichts weitgehend transparent. Sie erscheint dort aber auch dunkler, eben wie ein Schatten.
Da das Sonnenlicht von schräg oben kommt, sehen wir nur den oberen, geraden Teil der Leiter schattenhaft abgebildet, was die scheinbare Diskrepanz zu dem unteren Teil schrägen Teil der Leiter erklärt. Wir sehen aber auch noch den echten Schatten eines Seitenteils der Leiter auf dem Fliesenboden außerhalb des Fensters.
Wieder ein schönes Beispiel! Danke.
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🙂
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Rätselhaft und interessant. Die Groß-KleinTäuschung ird wohl nch dadurch erhöht, dass die echten sonnenbestrahlten Leitersprossen im unteren Bereich vor dem Schatten zu liegen scheinen.
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Stimmt, hier war irgendwie alles durcheinander und es machte mir Spaß in diese topologische Unordnung verbal zurechtzurücken.
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Welch ein herrliches Verwirrbild! Ohne deine dazugehörige Erklärung hätte ich wohl noch ein bisschen gerätselt. Herzensdank für beides.
Liebe Grüße
Ulli
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Solche Entwirrungen bringen mir Spaß, vorausgesetzt sie gelingen. Das ist bei weitem nicht immer der Fall. Liebe Grüße, Joachim.
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