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Marginalia, Physik im Alltag und Naturphänomene, Rubriken: "Spielwiese" und "Blickwinkel"

Rätselhafte Punktmuster eines gespiegelten Laserstrahls

H. Joachim Schlichting. Physik in unserer Zeit 50/3 (2019) S. 149

Strahlt man mit einem Laserpointer flach auf einen Spiegel, sodass das Spiegelbild auf einer senkrecht dazu aufgestellten Projektionswand erscheint, tritt eine ganze Serie von Reflexen auf, die sich einem nicht sofort erschließen.

Mit einem Laserpointer soll man eigentlich nicht spielen, jedenfalls nicht, wenn andere Personen in der Nähe sind. Dennoch ist der Reiz, auf diese Weise neuen Phänomenen auf die Spur zu kommen, sehr groß. Das früher beschriebene Phänomen, bei dem mit einem Laserpointer in eine fast leere Teetasse gestrahlt wurde, gehört ebenso dazu (Physik in unserer Zeit 2013, 44(2), 98) wie das Licht beugende Geodreieck (Physik in unserer Zeit 2012, 43(4), 198).
Vor einiger Zeit wurde ich auf ein weiteres eindrucksvolles Phänomen aufmerksam gemacht, das ebenfalls aus der Spielerei mit einem Laserpointer hervorgegangen ist. Die Situation ist die Folgende (Abbildung 1): Man strahlt mit dem Laserpointer unter großem Einfallswinkel auf einen Spiegel und fängt das reflektierte Licht mit einer senkrecht zum Spiegel aufgestellten Wand auf. Von dem auf dem Spiegel auftreffenden Licht sieht man außer einer geringen Streuung durch Staub kaum etwas (in Abbildung 1 ganz rechts). Die Projektion des Lichts auf dem Karton tritt jedoch umso deutlicher in Erscheinung. Statt des erwarteten reflektierten Punkts sieht man dort eine ganze Kaskade von Punkten, die an Beugungsmuster erinnert. Beugung kann aber nicht im Spiel sein, weil kein wie auch immer geartetes Gitter vorhanden ist (siehe jedoch: Physik in unserer Zeit 2012, 43(4), 198).
Ursache für das Punktmuster sind die ersten lichtstarken Reflexionen des Laserstrahls zwischen der metallisierten Rückwand des Spiegels und der vorderen Grenzfläche zwischen Glas und Luft. Während an der Rückwand das Licht fast vollständig reflektiert wird, ist an der vorderen Grenzfläche der reflektierte Anteil wesentlich geringer. Aber das Laserlicht ist so intensiv, dass es trotzdem einige Male sichtbar hin und her läuft, was sich in der Projektion auf der Pappwand in seitlich verschobenen Lichtpunkten (links in Abbildung 1) zeigt.
Schaut man sich das Muster genau an (Abbildung 2), so entdeckt man, dass nicht – wie man naiverweise erwarten könnte – die erste Reflexion die lichtintensivste ist, sondern die zweite daneben. Das ist so, weil die erste Reflexion an der Glasoberfläche erfolgt, bei der wegen der Transparenz des Glases nur ein kleiner Teil reflektiert wird. Der überwiegende Anteil des Lichts gelangt zur verspiegelten Rückwand und wird hier fast verlustfrei reflektiert. Dabei trifft er seitlich etwas verschoben von innen auf die Glasoberfläche und verliert dabei abermals an Intensität, aber nicht sehr viel. Der überwiegende Teil geht hindurch und hinterlässt den zweiten, stark überstrahlten Reflex auf der Pappwand. Aber der kleine Rest, der zurück auf die verspiegelte Rückwand fällt, reicht aus, noch einige sichtbare Wiederholungen dieses Hin und Her herbeizuführen. Die Intensität nimmt daher drastisch von rechts nach links ab.
Man sieht aber noch mehr. Das Lichtmuster auf der Pappe (Abbildung 2 links) wird ebenfalls im Spiegel reflektiert (Abbildung 2 rechts). Interessanterweise stimmen die beiden Muster nicht genau überein. Während das Projektionsmuster auffallend asymmetrisch ist, sieht das gespiegelte Muster beinahe symmetrisch aus. Das ist so, weil das vor allem vom hellsten Punkt der Projektion ausgehende Licht immerhin noch so intensiv ist, dass es im Spiegel erneut hin und her reflektiert wird und sich zu dem einfach gespiegelten Muster hinzuaddiert. Davon kann man sich überzeugen, wenn man den Laserstrahl auf die Pappwand richtet und die Reflexion im Spiegel betrachtet. Da diese zusätzlichen Reflexe spiegelverkehrt auftreten, ergänzen sie das ursprüngliche asymmetrische zu einem halbwegs symmetrischen Muster.
Bringt man vorsichtig eine Kerze dicht vor einen Spiegel, so kann man ebenfalls einige Satellitenflammen aufgrund der Reflexion von Vorder- und Rückwand sehen. Aber für eine Projektion und eine abermalige Spiegelung der Projektion zurück zum Spiegel reicht die Intensität bei weitem nicht aus. Daher kommt dieses an sich klassische Phänomen praktisch erst im Zeitalter des Laserlichts so richtig in den Blick.
Den Hinweis auf das Phänomen verdanke ich Marcus Weber.

 

 

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