Endlich mal ein Sternenhimmel, an dem die Sterne ihre zackige Sternform bewahrt haben. Zwar sieht man auch noch schemenhaft die typischen Spuren von Sternen, die auf Langzeitaufnahmen zeigen, dass sie scheinbar um den Polarstern kreisen – doch damit fällt das schöne Bild auseinander. Denn Fixsterne können nicht gleichzeitig auf demselben Foto fix sowohl in der Bedeutung von fest als auch von schnell bewegt sein.
Doch halt! Unsere Assoziationen haben uns am Flugzeugfenster sitzend in 10000 m Höhe die Bodenhaftung verlieren lassen. Und das, weil wir nicht nur aus dem Fenster heraus, sondern auch auf das Fenster geblickt haben: In der Überlagerung sehen wir einen Ausschnitt aus dem blauen Himmel mit der gerade noch erahnbaren Sonne am rechten Bildrand und ringförmig erscheinenden Kratzern auf der Außenscheibe des Fensters. Außerdem haben sich in kurzer Zeit kalte Eiskristalle an der Innenseite der Außenscheibe des dreiteiligen Fensters gebildet, denn die Außentemperaturen liegen bei minus 50 Grad Celsius.
Bei derartig tiefen Temperaturen geht bereits bei vergleichsweise geringer Wasserdampfkonzentration Wasserdampf direkt in Eiskristalle über. Das geschieht an geeigneten Stellen, sogenannten Keimen, mit denen die Kunststofffenster in Form von Staub und Haarrissen reichlich versehen sein dürften. In der Physik sagt man auch: der Dampf resublimiert. Und ist erst einmal ein kleiner Eisembryo entstanden, so wächst der sehr schnell zu deutlich sichtbaren Eiskristallen an. Dabei ist nicht jede Stelle für das Andocken von Wasserdampfmolekülen gleichberechtigt. Da Eiskristalle aufgrund der Molekülstruktur des Wassers eine hexagonale Symmetrie aufweisen, sind nur bestimmte Stellen geeignet, weitere Wassermoleküle aufzunehmen und in den Raum zu wachsen. Außerdem darf die beim Andocken der Wassermoleküle abgegebene Energie nicht dazu führen, dass es lokal zu warm wird und das Gefrieren unmöglich wird. Bevorzugt sind daher extremale Stellen, also solche die möglichst weit von bereits kristallisierten Molekülen entfernt sind. Damit sind dendritische Kristallstrukturen gewissermaßen vorprogrammiert, wie man sie auch von Schneeflocken her kennt.
Dass uns reale Sterne zackenförmig erscheinen, hat aber wahrnehmungsphysiologische Gründe. In Wirklichkeit sind Sterne wie unsere Sonne Kugeln aus dichtem Gas, die aus der enormen Entfernung gesehen perfekt punktförmig erscheinen müssten. Aber u.a. Abweichungen der Hornhaut und manchmal auch der Augenlinse von der Kugelförmigkeit (Astigmatismus) und Beugungserscheinungen am unregelmäßigen Rand der Iris führen zu den Ausfransungen von Lichtpunkten, die wir als typisch sternförmig wahrnehmen. Auch bei Fotografien von Sternen sind die Zacken oft deutlich zu sehen, weil sowohl insbesondere bei Spiegelteleskopen, aber auch am unregelmäßigen Rand der Blende einer Kamera Beugungserscheinungen auftreten.
Die quasi konzentrischen Ringe, die sich um die Sonne zu runden haben ebenfalls einen sehr irdischen Ursprung. Schuld sind die durch Abnutzung zerkratzten Außenscheiben. Wie in einem früheren Beitrag bereits beschrieben, sieht man nur die Flanken der meist statistisch verteilten Kratzer, die das Sonnenlicht in die Augen oder Kamera brechen. Diese Abschnitte der Kratzer gruppieren sich aus Symmetriegründen ringförmig um die Lichtquelle.
An die Flanken kann ich mich erinnern, allein schon vom „Schwert der Sonne“ her.
Den Artikel werde ich wohl noch ein 2tes Mal lesen 🙂
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Das von mir so genannte Schwert der Sonne hat in der Tat zahlreiche Aspekte. Die Kratzerkreise, die man übrigens auch um einen Sonnenreflex herum auf einer Autokarosserie u.ä. sehen kann, sind ein besonders reizvoller.
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