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Marginalia, Physik im Alltag und Naturphänomene

Kalte Flammen im Walde

Wie erstarrte, kalte Flammen leuchten uns im knalligen Gelb klebrige Hörnlinge entgegen. Es handelt sich um einen Pilz von klebriger, gallertartiger Konsistenz, der in der Regel auf vermoderndem Holz im Wald anzutreffen ist. Als Kinder haben wir den Pilz als gelbe Ziegenscheiße bezeichnet. Allein dadurch verging uns die Lust das Gewächs trotz der ansprechenden gelb bis orangene Farbe anzufassen. Wie ich durch eine kleine Recherche im Internet herausfand, war die Bezeichnung Ziegenscheiße offenbar keine Erfindung von uns, denn sie zählt auch heute noch zu einer Variante den Pilz zu benennen.
Obwohl die Ähnlichkeit mit der Feuerflamme rein äußerlich ist, könnte man darin aus naturwissenschaftlicher Sicht sogar eine tiefergehende Verwandtschaft sehen. Denn wie sich die brennende Flamme vom Holz ernährt und dieses zersetzt, vertilgt auch der klebrige Hörnling das Holz, auf dem er wächst. Auf jeden Fall wird der Zerfalls- uns Zersetzungsprozess beschleunigt, wenn auch wesentlich langsamer als beim Verbrennen. Zum Glück geht von diesen Flammen keine Waldbrandgefahr aus.
Sieht man von den für manche Menschen unangenehmen haptischen Aspekten des Hörnlings ab, so nimmt er sich meines Erachtens in den meisten Fällen rein visuell außerordentlich schön aus.

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Diskussionen

18 Gedanken zu “Kalte Flammen im Walde

  1. Wir sagen „Ziegenbart“ dazu…

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    Verfasst von wildgans | 21. August 2019, 00:02
  2. Spannend ist, so fällt mir gerade ein, wenn phänomenologisch ähnliche Prozesse stattfinden und sich das Szenario dahinter sehr unterscheidet. Dann kann man sich auch immer fragen, wieso die Erscheinungen so täuschen können.
    Wieso also können wesenstechnisch verschiedene Prozesse das gleiche oder ähnliche Erscheinungen gebären?!

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    Verfasst von kopfundgestalt | 21. August 2019, 00:29
    • Ich glaube das liegt daran, dass unser Gehirn den Vorrat an internen Bildern oder Mustern u.a. aus Kapazitätsgründen möglichst klein zu halten versucht. Diese Tendenz steckt ja nicht nur in den visuellen Mustern sondern auch bereits in der Sprache, wo mit einem Begriff stets eine ganz Klasse an „Individuen“ subsummiert wird. Wenn ich Tisch sage oder denke hat fast jeder Mensch eine andere Vorstellung vor Augen, dennoch erkennt er phänomenologisch völlig verschiedene „Ausführungen“ als Tisch.

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      Verfasst von Joachim Schlichting | 21. August 2019, 14:30
      • Vielleicht meinte ich spätnachts etwas anders. Sorry.

        Es gibt doch in der Natur Dinge, die sich ziemlich ähnlich sehen, doch von ganz unterschiedlichen Prozessen herrühren.
        Wir hatten das ja mal schon (in Zusammenhang mit dem durch den Computer ermittelten Matt eines Siebensteiners nach 600 Zügen), daß sich eine Darstellung eines Prozesses von Generation zu Generation ändert und die 500te Generation fast deckungsgleich im Aussehen mit einer Generation eines völlig anderen Prozesses, sagen wir dort mal der 368ten, ist.
        Man könnte dann ja, ganz unbedarft sagen, daß, wenn sich phänomenologisch die Ergebnisse so derart in einem Moment gleichen, daß diese zwei Prozesse wesensgleich wären. Das ist aber oft nicht so, denke ich.

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        Verfasst von kopfundgestalt | 21. August 2019, 15:01
      • Ja, das ist wieder eine anspruchsvolle Frage. Bei dem genannten Phänomen kommt es auf das „fast“ an. Denn wenn es gleich ist, muss danach auch dasselbe folgen. Wenn es fast gleich ist, kann es sich ganz anders entwickeln. Wohlgmerkt, ich spreche hier von sensitiven Vorgängen. Vielleicht meinst du aber auch noch Phänomene der folgenden Art: Die Ausbreitung einer Seuche, die Verbreitung von Flechten und ein Waldbrand laufen aus Sicht der nichtlinearen Physik ganz ähnlich ab, obwohl sie phänomenologisch völlig verschieden sind. Oder umgekehrt. Zwei Tiere sehen dank Mimikri ganz ähnlich aus, sind aber im Grunde völlig verschieden.

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        Verfasst von Joachim Schlichting | 21. August 2019, 17:18
      • Ja, ich hatte dein Beispiel mit der Ausbreitung einer Seuche, die Verbreitung von Flechten und ein Waldbrand im Grunde im Auge.
        Bzgl. der Mimikri: Ich habe so eine Auffassung, wobei diese sicher nicht stimmen wird oder kann, zumindest wäre es zu einfach,
        daß eben „Setzkästen“ existieren, aus denen sich die Evolution bedient. So sind z.b. Muskeln bei Tieren mindestens 5 x erfunden worden und nahezu gleich gelöst worden. Dass die Lösungen dabei etwas differieren, zeigt ja im Grunde, daß jedes Mal neu etwas entwickelt „wurde“ und die „Baumöglichkeiten“ dabei im Grunde gleich waren.
        Aber wie gesagt, das sind nur meine laienhaften Ideen dazu.

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        Verfasst von kopfundgestalt | 21. August 2019, 19:22
      • Oft enthält „laienhaftes“ Denken die Kreativität, die es bedarf um aus einem abgeschlossenen System herauszukommen 🙂

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        Verfasst von Joachim Schlichting | 21. August 2019, 21:00
  3. Oh – das hübsche Photo läßt wirklich an kleine Feuer denken! Ich kenn den Pilz nur in spärlicherer Ausführung – unter dem Namen Ziegenbart 😉

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    Verfasst von ele21 | 21. August 2019, 09:14
  4. das passt formal sehr gut zu dem letzten PingPong mit Ulli Gau. Darf ich es verlinken? https://cafeweltenall.wordpress.com/2019/08/21/ping-pong-042/

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    Verfasst von gkazakou | 21. August 2019, 10:32
  5. Ich kannte den Hörnling noch nicht – aber wie Du sagst, visuell ist er auf jeden Fall sehr schön.

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    Verfasst von ab nach Hause | 22. August 2019, 09:58

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