Ich fragte ihn, ob er das leichteste Verfahren kenne, ein Glas ohne Luftpumpe luftleer zu machen. Als er sagte: Nein, so nahm ich ein Weinglas, das voll Luft war wie alle leeren Weingläser, und goss es voll ein. Er gestund nun ein, das es luftleer sei, und dann zeigte ich ihm das beste Verfahren, die Luft ohne Gewalt wieder zuzulassen, und trank es aus. Der Versuch misslingt selten, wenn er gut angestellt wird. Er freute ihn nicht wenig, und er wurde von uns allen mehrmals angestellt*.
Mit dem Wein füllen auch noch einige andere Gegenstände auf virtuelle Weise das Glas. Der zumindest im unteren Bereich sphärisch geformte Weinkörper wirkt wie eine Linse, durch die man die Umgebung kopfstehend abgebildet vorfindet. Dieses virtuelle Glas lässt sich durch die Schwerkraft nicht irritieren, es bleibt gefüllt, solange sich nicht ein Mensch anschickt, die Luft völlig gewaltlos wieder ins Glas zu lassen.
Weitere Weinglasphänomene findet man hier und hier und hier und hier.
*Georg Christoph Lichtenberg: Schriften und Briefe IV. München 1967, S. 316
Prosit! Es möge nützen!
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Lichtenberg hat es genutzt, er wusste es und hat sich unter dem Begriff der „Methyologie“ als der Lehre vom Rausch damit intensiv befasst. Für ihn war dies „die Wissenschaft, die Länder jenseits der Bouteille mit Nutzen zu bereisen“. 😉
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🙂
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Lichtenberg kann ich dick verstehen
ein luftloses Glas kann man nicht lange sehen
drum schnell geleert das feine Glas
damit gleich kommt das nächste Nass
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Dein Verständnis für Lichtenberg überzeugt, da du von Prosa zur Lyrik wechselst. Lichtenberg hat gern getrunken und darüber auch an vielen Stelle kluge Worte platziert.
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Ich muß gestehen, daß ich eine wissenschaftliche Erklärung für die Erzeugung eines Vakuums erwartet hatte, als ich die Vorschau im Reader las. Umso mehr genoss ich dann die tatsächliche Geschichte.
Edgar
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Ja, luftleer heißt nicht unbedingt Vakuum. Das lernt man auch aus diesem Satz Lichtenbergs.
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