Warum bilden sich statt einer homogenen Eisschicht dendritischen Eisblumen auf der Fensterscheibe?
Erklärung des Rätsefotos des Monats Dezember 2019
Frage: Wie kommt es zu diesem farbigen Kranz um die Straßenlaterne?
Antwort: Um es gleich vorweg zu sagen: Einige Teilnehmer*innen an diesem Rätsel haben es gelöst, andere sind der Lösung sehr nahe gekommen. Das konnte ich in den Kommentaren nicht angemessen würdigen, um anderen nicht die Lust am „Raten“ zu nehmen. Hier also die Zusammenfassung der wichtigsten Aspekte der Lösung:
Die Laterne wird durch ein beschlagenes Fenster hindurch gesehen. Auf der Scheibe befinden sich also zahlreiche winzige Wassertröpfchen. Diese werden vom Licht der Laterne getroffen und wirken jeweils wie eine neue winzige Lichtquelle, von der das Licht wiederum kugelförmig in alle Richtungen ausgesendet wird. Infolgedessen weicht das Licht von der ursprünglichen Ausbreitungsrichtung ab. Diese Beugung des Lichts hat zur Folge, dass die von verschiedenen Stellen der Tröpfchen ausgehenden Teilwellen eine geringfügig verschiedene Weglänge hinter sich haben, wenn sie sich im Auge des Betrachters oder auf dem Chip der Kamera überlagern. Dadurch passen – anschaulich gesprochen – Wellentäler und Wellenberge der Teilwellen nicht mehr zusammen. Man sagt, sie seien außer Phase. Je nach der Größe dieser Phasenverschiebung kommt es zu einer Verstärkung oder Abschwächung der Intensität der einzelnen Wellen. Man nennt diese Überlagerung Interferenz. Das führt bei weißem Licht, das aus unzähligen Wellen unterschiedlicher Wellenlänge besteht, zu einer Farbzerlegung. Je nach dem Winkelabstand von der Lichtquelle ergeben sich unterschiedliche Farben, die sich wegen der Kreisform der Tropfen ringförmig um die Lichtquelle zu legen scheinen. Der Ring eines einzigen Tropfens wäre kaum zu sehen. Wenn die Tröpfchen aber etwa gleich groß sind, addieren sich die zahlreichen Ringe zu einer deutlich sichtbaren Korona wie in unserem Beispiel. Ähnliche Koronen ergeben sich manchmal in dünnen Wolken, die von der Sonne umgeben.
Frohes Neues Jahr mit vielen neuen Rätseln und Rätselauflösungen! 🙂
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Danke, liebe Gerda! Und dir wünsche ich ein gutes Neues Jahr mit vielen schönen Zeichnungen, kreativen Bearbeitungen und kulturellen Vertiefungen! 🙂
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🙂
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Ich habe gelesen, dass Eisblumen einen Kristallisationskeim benötigen. Warum sie aber zu solchen Formen und Farben wachsen wie hier auf dem Foto – da bin ich auf deine Auflösung gespannt! Alles Gute für das neue Jahr 🙂
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Vielen Dank, liebe Petra, für die lieben Wünsche. Auch ich wünsche dir ein gutes Neues Jahr und viele spannenden Bücher, auf deren Vorstellung ich schon gespannt bin. Was die Eisblumen betrifft, so hast du natürlich Recht, dass das Wesentliche die Kristallisationskeime sind, die auch einen Großteil der Lösung des Rätsels ausmachen.
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Zum neuen rätsel: es braucht zufällig verteilte Kristallationskeime (schmutzpartikel) zum Wachstum. Wieso sich das Wachstum dentrisch ausbildet, das muss ich noch nachreichen.
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Vielen Dank für deine Teilantwort, die bereits einen wesentlichen Aspekt betreffen. Die Bedeutung der Keime ist in den Erklärungen vergangener Zeiten stark unterschätzt worden. Die Erkenntnis, dass Dreck etwas Positives hervorbringen kann, widerstrebt uns vermutlich abgrundtief.
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Die Kristallisation setzt Wärme frei, da damit die Entropie erhöht wird. Nun ist die Wärmeverteilung/-abfuhr nicht homogen über der Oberfläche hinweg, sodaß ungeordnetere Strukturen entstehen, Strukturen, die schneller wachsen als andere.
Das ist das, was ich durch Hin-und Da-Lesen weiß. Es ist ebenfalls ungeordnet und bestehhet wie gesagt aus Versatzstücken. Vielleicht sind ja auch darin Keime eines echten Verständnisses, haha.
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Die Keime sind durchaus vorhanden! 🙂 Was vielleicht noch zu erörtern wäre ist, wie Wärmeabfuhr und die Entstehung der dendritischen Strukturen zusammenhängen.
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Je größer der Wärmestrom, umso schneller wachsen die Dendriten. Vermutlich hängt dieser vom Temperaturgefälle ab. Weiß nicht, ob das dine Zusatzfrage beantwortet. Im Keim sicher ein Körnchen Wahrheit 🙂
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Ja, das lässt sich nicht mit ein paar Worten sagen… Du bist jedenfalls beachtlich dicht an der „Antwort“. 🙂
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Ich wünsche dir auch ein Gutes Neues Jahr und mir weitere deiner faszinierenden Erklärungen für faszinierende Fotos !
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Danke, liebe Myriade, auch dir ein gutes Neues Jahr! Ich werde mich bemühen, deinen Wünschen gerecht zu werden.
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Ich denke, die Ursache ist eine ungleichmäßige Verteilung von Kondensationskeimen (und sekundär auch von Temperaturverteilung und Windangriffsfläche). Je dichter die Kondensationskeimkonzentration (was für ein Wort) ist, desto mehr Wassermoleküle wachsen an. In der Folge wachsen mehrere Eisblümchen zusammen, werden dicker und verzweigen sich immer mehr. Hält der Frost lange genug an, enstehen richtige dreidimensionale Muster 🙂
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Vielen Dank für deine Antwort! Die Kristallisationskeime und ihre möglicherweise unsichtbare Struktur (z.B. Spinnenfäden) sowie die Temperaturverteilung spielen in der Tat eine wesentliche Rolle. Das war mir früher nicht so bekannt. Erst Experimente mit vorher gereinigten und willentlich verschmutzten Scheiben zeigten deren großen Einfluss auf das Ergebnis. Aber auch die Schnelligkeit, mit der die Temperatur abfällt führt auf ähnlichen Untergründen zu verschiedenen „Blumenbeeten“. 🙂
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