Nachdem der sintflutartige Regen abgeklungen ist, erhebt sich am folgenden Morgen eine prominente Lichtsäule. Sie befindet sich oberhalb der noch unter dem Horizont befindlichen Sonne, indem das Sonnenlicht an der Unterseite zahlreicher Eisplättchen ins Auge des Betrachters bzw. ins Objektiv der Kamera reflektiert wird. Die Eisplättchen sinken bei relativer Windstille langsam um eine horizontale Achse schwankend zu Boden (siehe Grafik). Eine konkrete Anschauung vom Verhalten eines einzelnen Eisplättchens kann man sich beispielsweise dadurch verschaffen, dass man eine Spielkarte waagerecht ausgerichtet zu Boden fallen lässt.
Das leichte Schwanken sorgt dafür, dass das Licht nicht nur bei genau einem Winkel gespiegelt wird, sondern in einem gewissen durch die Größe der Schwankungen bestimmten Winkelbereich.
Die Lichtsäule wie auch andere Haloerscheinungen – zum Beispiel Untersonne und Nebensonne – erinnern damit auch an das Schwert der Sonne (Lichtbahn, Glitterpfad) auf dem welligen Wasser bei tiefstehender Sonne.
Weitere Aspekte zur Lichtsäule findet man in früheren Beiträgen (hier und hier und hier und hier und).
Eine inverse Lichtsäule oder besser Schattensäule habe ich indessen nie wieder gesehen.
In den Gedichten Ossians, einem Werk des schottischen Dichters James Macpherson (1736 – 1796) hat die Lichtsäule vor allem symbolische Bedeutung, wenn es zum Beispiel heißt: „Warum trauerst du mein Nathos? Sprach Collas reitzende Tochter. Du bist eine Lichtsäule vor Dar-Thula; die Wonne ihrer Augen ist Ethas Gebiether…“ An anderer Stelle liest man „Weg von seinen Freunden schleppten ihn in Brumo’s grauenvollen Kreis, wo oft man sagte, die Geister der Todten den Stein des Schreckens umheulten. Nachher aber strahlt‘ er wieder empor, wie eine Lichtsäule des Himmels“.*
* Ludwig Schubart. Ossians Gedichte. Wien 1808
Senkrecht fällt die stärkste Intensität der Sonne hinauf in den „Äther“?
Wieso gibt es also eine Säule und azu eine vollkommen senkrechte, unabhängig von den Plättchen jetzt.
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Ich habe den Beitrag um eine Grafik ergänzt, aus der der Lichtweg hervorgeht. Sie zeigt auch, dass eine gewisse Schwankung nötig ist, um aus verschiedenen Höhen das Auge zu erreichen. Ich hoffe, dass damit deine Frage beantwortet ist.
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Klasse Beobachtung! ich denke, das ist eine gute Illustration der „Licht/Feuer-„(nachts) bzw „Wolken-Säule“ (tagsüber), die den Israeliten den Weg durch die Wüste zeigten.
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Das ist ein guter Hinweis. Manche Autoren gehen in der Tat davon aus, dass bestimmte uns heute merkwürdig erscheinende Schilderungen in der Bibel Naturphänomene betreffen, für die wir heute kein Auge mehr haben. So gibt es beispielsweise die (gut begründete) Theorie, dass das sich öffnende Meer, durch das die Israeliten gingen eine Luftspiegelung des Himmels war, die natürlich in dem Maße verschwindet, in dem man in das vermeintliche Meer hineingeht.
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Meine Frage war eigentlich unnötig, Entschuldigung.😀
Es kann ja eigentlich nur diese Form einer Säule sein.
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Naja, das hat mich überlistet, mal eine Skizze anzufertigen, die vielleicht ja auch anderen bei der Anschauung hilft.
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Die Sonnenstrahlen gehen ja in jede Richtung.
Also treffen sie auch Plättchen „neben“ der Säule, links und rechts. Diese sehen wir aber nicht bzw. sind sie in der Summe der Wirkungen zu schwach?! Oder andersrum: Das Hauptgeschehen findet optisch und statistisch da statt, wo die Säule ist.
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Da die Sonnenstrahlen (nahezu) parallel sind, treffen sie alle aus derselben Richtung kommend auf die Unterseite der Plättchen auf. Die Plättchen neben der (von unserem Blickpunkt) sichtbaren Säule werden natürlich auch von den Sonnenstrahlen getroffen. Aber das reflektierte Licht trifft nicht mehr in unsere Augen. Das Geschehen finden also überall dort wo Plättchen absinken in gleicher Weise statt.
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ah, nahezu parallel. Es ist also wieder: „Der Standort“.
Danke!
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Genau! Wie beim Spiegel, ändert man seinen Standpunkt sieht man etwas anderes gespiegelt.
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ah, gut! 🙂
Wie einfach im Grunde.
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Das ist einer der Vorteile der physikalischen Sehweise: Die Gesetzmäßigkeiten lassen sich auf die verschiedensten Phänomenbereiche übertragen. Hat man sie nur in einem Bereich richtig verstanden erschließen sich einem oft Phänomene, an die man rein lebensweltlich gesehen niemals gedacht hätte. Hier das Beispiel der Spiegelung.
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