Vor allem in Obst- und Weinanbaugebieten kann man in diesen Tagen, bzw. den frostigen Nächten Sprinkleranlagen in Betrieb sehen, die oft zu den lange vermissten Winterlandschaften mit ihren Kristallgärten führen. Dies ist natürlich nur ein ästhetischer Nebeneffekt des durch den künstlichen Regen beabsichtigen Schutzes der bereits Blätter und Blüten bildenden Pflanzen vor Erfrierungen. Auf den ersten Blick erscheint es paradox, dass die kristalline Verzauberung der Pflanzen durch die Beschichtung mit Eis eine Erwärmung der Pflanzen bewirken kann.
Macht man sich aber klar, dass beim Übergang des Wassers von der flüssigen in die feste Phase Energie (Kristallisationswärme) durch Wärme an die Umgebung abgegeben wird, so erscheint eine Erwärmung der von der wachsenden Eisschicht eingehüllten Pflanzen plausibel. Ein ästhetischer Nebeneffekt dieser physikalischen Notwendigkeit sind übrigens die Eisblumen am Fenster, die ihre dendritischen Muster vor allem der strukturierten Abgabe von Kristallisationswärme an die Umgebung verdanken. Da das gefrierende Wasser die Blüten und Blätter hautnah umgibt, nehmen diese den größten Teil der freiwerdenden Energie durch Wärmeleitung auf. Obwohl die sich bildende Eisschicht nach außen hin von Luft umgeben ist, geht wegen der schlechten Wärmeleitung der Luft an dieser Grenzschicht verhältnismäßig wenig Wärme verloren. Dies ist auch einer der Gründe dafür, dass die feinen Tröpfchen nicht bereits in der Luft kristallisieren, sondern erst auf den Pflanzen.
Genau genommen trägt auch noch ein anderer physikalischer Effekt zur Wärmeabgabe bei. Wenn Wasser in Tröpfchen zerlegt wird , muss insgesamt umso mehr Oberfläche geschaffen werden, je kleiner die erzeugten Tropfen sind. Zur Ausbildung der Oberfläche ist aber Energie nötig, die letztlich durch die Pumpen aufgebracht wird, die das Wasser unter Drucksetzen und durch die Zerstäubungsvorrichtung treiben. Wenn sich die Tröpfchen dann auf der Oberfläche der Pflanzen wieder vereinigen, wird diese Energie wieder frei und führt zu einer entsprechenden Erwärmung der Tröpfchen.
Weil in den kleinen Tröpfchen teilweise Luft gespeichert wird, kommt in geringem Maße auch noch eine dadurch bedingte, allerdings geringe Wärmedämmung ins Spiel, die dem Schutz der Blüten vor Erfrierung zusätzlich zugute kommt.
Diese Schutzmaßnahmen sind jedoch nur dann erfolgreich, wenn nicht der umgekehrte Vorgang überhand nimmt – der Übergang von Wasser und Eis in Wasserdampf (Verdunstung und Sublimation). Dadurch würde der Umgebung Energie entzogen (Verdunstungskälte) und es käme statt zur Erwärmung zur Abkühlung der Pflanzen. Damit dieser Effekt möglichst gering bleibt, muss die Wasserdampfkonzentration (relative Luftfeuchte) genügend hoch sein, sodass die Neigung von Wasser und Eis in Wasserdampf überzugehen genügend klein ist.
Die Beregnung darf daher nicht zu früh abgebrochen werden: Im Foto, das mir freundlicherweise von Stefan Thierfeldt zur Verfügung gestellt wurde, ist die Beregnung noch in vollem Gange, obwohl die Sonne bereits scheint und die Eiskristalle zum Leuchten bringt. Eine lang anhaltende Beregnung führt allerdings zu immer größeren Eisstrukturen und birgt die Gefahr, das es bei bestimmten Pflanzen zu Eisbruch kommen könnte.
Die Verdunstungskälte kann uns auch einen Streich spielen, etwa nach dem Baden, wenn man seine Klamotten nicht wechselt.
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Genau: Manchmal genügt nur ein leichter Wind, auch wenn die Sonne scheint. Wasser ist auch hier wieder mal extrem.
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