Schönes Rot, Farbe der Jugend, der Leidenschaft, der Glut. Rotsehen, darin steckt auch die Vorstellung, der Stier reagiere auf Rot, tatsächlich kann er Rot gar nicht sehen, nur das Dunkle, die Bewegung des Tuchs, der Capa. Rot ist die Farbe, die am häufigsten in den Fahnen der Staaten auftaucht, ohne Zusatz, als reines Rot, ist es die Fahne der Revolution, der Linken, der französischen Commune. Farbe des Lebens, der Veränderung. Schönes Rot. In Schwarzafrika ist es das Rot, das aus Früchten gewonnen wird, mit dem sich die Mädchen, wenn sie ihre erste Menstruation bekommen, am Abend vor der Heirat und bei der Geburt des ersten Kindes Gesicht und Körper bemalen. Kirschrot, Himbeerrot, Erdbeerrot. Das Süße, Saftige verbindet sich mit dieser Farbe, eine Synästhesie, die sich durch Versuche belegen läßt. Kirschrot wirkt speichelbildend mit dem Geschmack der Süße. Im Russischen und im Arabischen ist das Wort rot gleichbedeutend mit schön. Blau ist die Farbe des Himmels, der Distanz. Nicht zufällig hat sich Blaustrumpf durchgesetzt. Hingegen zieht Rot als Kleidung wie keine andere Farbe die Aufmerksamkeit an, insbesondere wenn die Trägerin blond oder schwarzhaarig ist. Man kann blau sein, aber nicht rot, es sei denn durch einen Sonnenbrand. Man kann ein Roter sein, aber kein Blauer, jedoch kann man blaumachen und dann dafür einen blauen Brief bekommen. Feelin‘ blue – das Fest ist vorüber, kein Rot in Sicht. Mann kann rotsehen, aber wer blau sieht, meint nur die Farbe, anders wer schwarzseiht, was noch eine zusätzliche Bedeutung hat. Schönes Rot, das sich nicht fotokopieren läßt.*
Eine Tulpe, die mangels Wasser ihre Steifigkeit verliert und sich mit der schweren Blüte der Schwerkraft folgend zum Tisch mit der weißen Decke neigt. Sie wird vom Sonnenlicht angestrahlt, sodass sie einen Schatten wirft. Der Schatten ist aber nicht dunkel. Da die Blütenblätter nicht nur rotes Licht reflektieren, sondern es auch wenigstens teilweise durchlassen, wird der Schatten rot eingefärbt. Hier sieht man unmittelbar wie Farben entstehen: ein Teil der Farben des weißen Lichts wird absorbiert und der Rest, der dem Gegenstand die Farbe verleiht wird emittiert. In diesem Fall sogar durch den Gegenstand hindurch. Schatten als Abwesenheit von Licht ist nur in der Definition perfekt.
* Uwe Timm. Rot. Köln 2001, S. 88
Das spanische Rot der Frauenkleidung. So stark, bei uns kaum tragbar 😉
…und die geneigte Tulpe wie ein ausladendes rotes Kleid 😉
Echt interessant, ich dachte, das würde sich spiegeln und ist deswegen rot.
Das passiert natürlich auch. Aber in diesem Fall geht ja der Rotanteil des weißen Lichts gewissermaßen durch die Tulpe hindurch, während alle anderen Farben absorbiert werden.
Ulli hat mal für PingPong Satz und Foto gemacht. „An dem Tag, als der Schatten errötete….“ https://cafeweltenall.files.wordpress.com/2019/04/021-ping-ulli-an-dem-tag-als-der-schatten-errc3b6tete-….jpg?w=371&h=278
Stimmt, jetzt erinnere ich mich. Ich hatte damals sogar in einem Kommentar meinen physikalischen Senf dazugegeben. Das ist in der Tat eine ganz ähnlich Situation. Und vor allem finde ich den poetischen Text unübertroffen: „An dem Ta, als der Schatten errötete…“ Danke für die Nachhilfe für meine Erinnerung! 🙂
Ein schöner Text zur Farbe rot, Joachim.
Ich muss immer aufpassen, dass ich nicht bei jedem Bild zum Rot greife. Einmal habe ich für einen Monat meine roten Farben in den Schrank gestellt, damit ich mal andere Farben benutze. So habe ich das Blau für mich entdeckt. Ich zeichne in der Regel monochrome farbig 🙂
Einen schönen Wochenbeginn.
Liebe Grüße von Susanne
Ja, liebe Susanne, ich habe schon gemerkt, dass das „farbige“ Monochrom zu deinen Markenzeichen gehört, die ich sehr zu schätzen weiß. Ich kann auch gut nachvollziehen, dass man manchmal so sehr von einer Farbe fasziniert ist, dass man sich selbst Schranken auferlegen muss – ein wenig ähnlich wie bei bestimmten Süßigkeiten. Danke für deinen schönen Kommentar und
liebe Grüße, Joachim
Der Vergleich mit den Süßigkeiten gefällt mir, Joachim. Ich werde gleich ins volle greifen, in Krapp- und Englischrot. Beides warme Rottöne, die hoffentlich meine Gedanken zur Natur ausdrücken.
Liebe Grüße von Susanne
Da freue ich mich jetzt schon auf die Ergebnisse. Apropos: Weißt du, ob das Krapprot immer noch aus der Wurzel des Färberkrapp (Rubia tinctorum) hergestellt wird? Die Geschichte der Farben ist m.E. sehr spannend. LG, Joachim.
Das weiß ich nicht, Joachim. Ich benutze die Farben von Rohrer & Klingner. Auf der Homepage wird nichts von der Zusammensetzung der Farben erwähnt. Von der Firma Schmincke weiß ich aber, dass die Rezepte gehütet werden. 🙂
Gestern habe ich mein Krapprot verwendet, du siehst es auf dem Blog 😉
Einen schönen Tag von Susanne
Vielen Dank, Susanne. Ich habe mir schon fast gedacht, dass solche Informationen bei den Herstellern der Farben bleiben. Oft halten sich die alten Namen, obwohl sie inzwischen ganz anders hergestellt werden. Auch dir einen schönen Tag, Joachim.