Eisblumen am Fenster oder auf der Pfütze scheinen pflanzliche Strukturen nachzuahmen. Denselben Eindruck kann man von bestimmten Mustern im Wüstensand gewinnen. So langweilig einzelne Sandkörner auch sein mögen, in großer Anzahl Wind und Wetter ausgesetzt bringen sie zuweilen wahre Kunstwerke hervor, insbesondere dann, wenn der Sand aus einer Mischung aus dunklen und hellen Sandkörnern besteht. So blieb ich vor einiger Zeit einigermaßen erstaunt und fasziniert vor der etwa 50 cm langen natürlichen Sandkomposition stehen, für die eine Pflanze Modell gestanden haben könnte (siehe Foto). Es kann sich hier gewiss nicht um das Ergebnis des blinden Zufalls handeln. Ebenso wenig kann man sich vorstellen, dass jemand ein Puzzle mit vielen Millionen Teilen gelegt hat, um der Wüste die Ahnung eines Blumenstraußes zu vermitteln.
Die große Ähnlichkeit mit einer vegetabilischen Form hat ihren Ursprung in einer ähnlichen Funktion, die sich in diesem äußeren Erscheinungsbild niederschlägt. In beiden Fällen geht es um die Aufteilung bzw. Vereinigung von Stoffströmen. Eine Pflanze transportiert Materialien aus den Wurzeln in die Blätter und umgekehrt von Blättern in die Wurzeln. Bei der Sandpflanze handelt es sich um die Spur eines inzwischen versiegten Entwässerungsvorgangs. Obwohl ich die Sandblume ziemlich weit vom Ufer des Meeres entfernt antreffe, wird schnell klar, dass dieses Gebiet bei Hochwasser erreicht wird. Und wenn sich das Wasser bei Ebbe dann wieder zurückzieht wird die Entwässerung des wassergesättigten Sands so organisiert, dass kleine Ströme in größere einmünden und diese in noch größere usw.
Das sieht man normalerweise nicht. Aber in diesem Fall verhalten sich die teilweise mit dem Wasser mitbewegten schwarzen und weißen Sandkörner unterschiedlich. Denn sie unterscheiden sich nicht nur in ihrer Farbe sondern auch in ihrer Dichte. Infolge der Bewegung durch das abfließende Wasser kommt es zu partiellen Entmischungen, die Rückschlüsse auf die Strömung zulassen. Direkt am Wasser kann man manchmal ähnliche Strukturbildungsvorgänge in vivo erleben.
Sehr schöner, klarer Artikel wieder!
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Danke, lieber Gerhard!
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