Wie kommt es zu diesen Verzerrungen?
Erklärung des Rätsels des Monats September 2020
Frage: Was ist der Ursprung dieser Strukturen?
Antwort: Wir blicken durch ein Wasservolumen, das durch ein dünnes Rohr am unteren Ende erwärmt wird. Die Wärme wird an das umgebende kalte Wasser zunächst durch Wärmeleitung abgegeben. Dadurch dehnen sich die angrenzenden Wasserportionen aus, sodass ihre Dichte kleiner wird als die des umgebenden kälteren Wassers. Wenn der dadurch bedingte Auftrieb eine bestimmte Größe überschreitet, löst sich die erwärmte Wasserportion und steigt auf. Anschaulich gesprochen drückt das umgebende dichtere kalte Wasser das weniger dichte wärmere Wasser nach oben weg und ersetzt es – um dann seinerseits erwärmt zu werden usw. Wir haben es also mit einen Kreislauf zu tun: Man spricht von Konvektion.
Wenn die Erwärmung einsetzt, steigt das warme Wasser zunächst in vertikalen Säulen auf. Da die Geschwindigkeit und damit die innere Reibung zunehmen, wird die Strömung schließlich instabil und geht durch geringste Störungen ausgelöst in eine turbulente Bewegung über. Das macht sich in charakteristischen, wolkenartigen Gebilden bemerkbar. Wenn das System eine Zeit lang in Betrieb ist, starten die erwärmten Wasserportionen ziemlich schnell und gehen sofort in den turbulenten Modus über. Gesehen wurde das Phänomen übrigens im Science Center Phaeno in Wolfsburg.
Interessant ist die Frage, wieso die Strömungsstrukturen überhaupt sichtbar werden. Denn die Transparenz von Wasser hängt kaum davon ab, ob es warm oder kalt, bewegt oder in Ruhe ist. Wenn jedoch – wie im vorliegenden Fall – warme und kalte und das heißt Bereiche mit geringer und größerer Dichte nebeneinander auftreten, ist die Situation komplizierter. Zunächst müssen wir uns vergegenwärtigen, dass wir nicht direkt auf das Heizrohr blicken, sondern auf den Schatten desselben. Da das auf das Rohr gelenkte Licht beim Übergang von unterschiedlich dichten Medien unterschiedlich stark gebrochen und entsprechend in unterschiedliche Richtungen abgelenkt wird, sieht man entsprechende Helligkeitsunterschiede im Schatten. Am dunkelsten ist es, wenn das Licht überhaupt nicht durchgelassen wird. Das ist beim Heizrohr der Fall. Am hellsten ist es, wenn der Dichteunterschied am größten ist und das Licht am stärksten aus der ursprünglichen abgelenkt wird. Dazwischen gibt es den unterschiedlichen Erwärmungen entsprechend verschiedene Abstufungen.
Diese sogenannte Schlierenmethode der Abbildung kann sowohl natürlicherweise auftreten, z.B. bei der Abbildung der Verbrennungsgase einer Kerze durch die Sonne oder mit Hilfe von optischen Abbildungsverfahren höheren Ansprüchen entsprechend verfeinert werden.
Sind das gewölbte Fensterscheiben, durch die fotografiert wurde?
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Nein, an sich nicht. Es sind ganz gewöhnliche Doppelglasscheiben. Das „an sich“ hat es allerdings in sich. Mehr will ich an dieser Stelle noch nicht verraten.
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Eingeschlossene Luft in Doppelglasfenstern, deren Innendruck ein anderer, stärkerer ist wie der der Aussenluft?!
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Korrekt ist, dass der „Innendruck ein anderer“ ist. Er muss aber nicht stärker, sondern kann auch schwächer sein als der Außendruck. Mit dieser Einschränkung hast du einen wesentlichen Aspekt der Erklärung gebracht. Jetzt fehlt nur noch, die Antwort auf die Frage, wie es zu den Verzerrungen kommt. Schaut man sie sich genauer an, kann man einiges erkennen… 😉
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Die Verzerrung ändert sich („von konvex zu konkav“) innerhalb derselben Glasfäche … kann denn der Innendruck innerhalb desselben geschlossenen Luftraums so unterschiedlich sein?
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Um die Scheiben konvex oder konkav zu deformieren, sodass ein Hohl-oder Wölbspiegel entsteht bedarf gar nicht nicht mal einer besonders großen Druckdifferenz. Man kann die Deformation direkt der Scheiben nicht ansehen. Indirekt aber doch durch die systematischen Verzerrungen in den spiegelnden Abbildungen.
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Der Druckausgleich muß ja stattfinden. Da du schon mal Doppelglasfenster vorgestellt hattest, die sich nach aussen wölben, muß das hier der umgekehrte Fall sein: Die Aussenluft und Zimmerinnenluft drückt gegen die Fenster und biegt sie nach innen, also eine konkave Verformung.
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Da ein Doppelglasfenster aus zwei Scheiben besteht, muss immer eine konkonve und eine konvexe Scheibe bzgl. der Lichteinstrahlung vorhanden sein. Allenfalls daran, dass die Intensität der Reflexion der äußeren Scheibe etwas größer ist als die der inneren, könnte man feststellen, ob in dem Zwischenraum Über- oder Unterdruck herrscht. Auf dem Foto erkennt man, dass sowohl ein Hohl- als auch eine Wölbspiegeldeformation der gespiegelten Welt vorhanden ist. Das kann man sehr schön an geraden, z.B. senkrechten Elementen erkennen.
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Solche Doppelscheiben sind doch bewusst so konstruiert, dass keine Luftzirkulation stattfinden kann. Bedeutet das nicht, dass je nach Nähe zum Rahmen zum Beispiel die Erwärmung innerhalb eines eingeschlossenen Volumens an verschiedenen Punkten unterschiedlich sein kann und damit auch der auf die Scheiben ausgeübte Druck ->minimale Verformung?
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Du hast natürlich völlig recht. Auch die Temperatur hat Einfluss auf den Luftdruck zwischen den Scheiben. Aber der Einfluss ist meist gegenüber den äußeren Luftdruckschwankungen vernachlässigbar.
Wenn durch unterschiedliche Temperaturen am Rahmen die Erwärmung der Luft zwischen den Scheiben eine Druckänderung erfolgt, ändert sich der Druck immer so, dass er im ganzen Zwischenraum denselben Wert annimmt.
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Auch ohne Luftzirkulation?
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Nein, wenn es beispielsweise unten wärmer und sich damit die Luft zwischen den Scheiben ausdehnt würde sich hier der Druck lokal erhöhen. Aber die leichter werdende Luft steigt sofort auf und sorgt für einen Druckausgleich, sodass es gar nicht erst zu einem merklichen Druckunterschied kommt.
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Das war eine sehr lehrreiche Rätselaufgabe, Joachim. Vielen Dank.☺
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Ich bedanke micht bei dir für die aktive Mitarbeit bei der Lösung des Problems. Am Anfang nächsten Monats gibt es dann noch mal eine Zusammenfassung der Lösung für alle… 🙂
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Darauf freue ich mich schon.
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🙂
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Ja, es ist ungut, von einem Foto vom Handy aus zu argumentieren. (Das sage ich mir jedes Mal).
Jetzt sehe ich deutlicher, daß alle Elemente (Dachrinne, Gitterschutz des Dachs ect) zweimal abgebildet sind. Wobei offenbar die Abbildungen von einer kokaven und zum zweiten von einer konvexen Glasscheibe geleistet werden. Die äussere kommt – wohl – als schwache Wölbung uns entgegen, die innere wie eine schwache Höhle.
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Genau so ist es. Es ist im Übrigen sehr schwierig anders als durch solche optischen Erscheinungen von der sehr geringen Wölbung überhaupt etwas zu merken.
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Mir war das vorher nicht bekannt. Ob solche konvex-konkaven Abbilder überhaupt normalerweise wahrgenommen werden? Und ab wann, also ab welchem Phänomen, würde denn „ein normales Auge“ stutzig werden?
Danke für das Riddle.
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Die Frage ist schwer zu beantworten. Ich gehe davon aus, dass die Netzhäute vieler Personen von solchen Phänomenen belichtet werden. Wenn aber keiner dahinter steht und diese als das und das wahrnimmt, bleibt es beim „Übersehen“. Ein auf denselben physikalischen Prinzipien beruhendes Phänomen sich ja, die von in diesem Blog schon öfter diskutierten „Lichtkreuze“. Seit 30 Jahren, in denen ich in dem einen oder anderen Kontext darüber vortrage, bleibt es, dass in einem Publikum von sagen wir 200 Leuten, allenfall 2 oder 3 sich auf meine Frage, wer das denn schon gesehen habe, melden. Klar, ist sind immer wieder andere Leute. Aber ich denke immer wieder: Das kann man doch gar nicht übersehen.
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Cool, Gerhard!
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