Wenn man sechs gleich große Kugeln, um eine siebte gruppiert, so wird diese von jeder der anderen Kugeln in einem Punkt berührt. Diese minimale Einheit einer hexagonal dichtesten Kugelpackung in der Ebene hat – mathematisch und zugleich poetisch ausgedrückt – die Kusszahl 6 (oberes Foto). Versucht man die Konstellation mit Magnetkugeln nachzustellen, so gelingt es zwar auch, aber weniger freiwillig, als man vielleicht erwarten würde.
Warum das so ist, zeigt ein Querschnitt durch die magnetischen Feldlinien der rein äußerlich sehr symmetrisch aussehenden Kugelgruppe, den man mit Hilfe von Eisenfeilspänen visualisieren kann. Dazu werden zum Beispiel eine Glasscheibe über das Kugelsystem positioniert und vorsichtig Eisenfeilspäne darüber gestreut (mittleres Foto). Man erkennt, dass sich hierin keineswegs die hexagonale Symmetrie widerspiegelt, die im Anschauungsraum vorgegeben zu sein scheint. Eher deutet sich so etwas wie eine fünfzählige, pentagonale Struktur an.
Die Kugelmagneten sind im Prinzip Stabmagneten mit einem magnetischen Nord- und Südpol. Verbindet man Anfang und Ende einer aus sechs Kugeln bestehenden linearen Kette, so geht die magnetische Orientierung der einzelnen Kugeln in einen Ring mit hexagonaler Symmetrie über. Die Magnetpole stehen sich nicht mehr gegenüber, sondern weichen um einen Winkel von 60° davon ab.
Eine Kugel in die Ringmitte einzufügen, ist nicht unter Aufrechterhaltung der bisherigen Symmetrie möglich. Die Kugeln orientieren sich wenn auch kaum sichtbar zwangsläufig um: Jede der sechs Ringkugeln möchte ihren Nordpol mit dem Südpol der Zentrumskugel zusammenbringen, was natürlich nicht geht. Das spürt man bereits beim Einbringen der mittleren Kugel, sie muss mit sanfter Gewalt zwischen die sechs aufgeregten Ringkugeln gedrückt werden. Diese äußerlich kaum zu erkennenden sehr geringfügigen Veränderungen führen meist dazu, dass die mittlere Kugel nur noch fünf der äußeren Kugeln berührt. Dies drückt sich u.a. in der scheinbar fünfzähligen Symmetrie starker Feldlinienkonzentrationen aus, wie sie in der Nähe der Kugeln durch dichte Büschel von Eisenfeilspänen visualisiert werden (mittlere Fotos).
Entscheidend für das gesamte Kugelsystem ist allerdings die Orientierung der Magnetfeldlinien in größerer Entfernung. Diese lassen auf einen Dipolcharakter des Systems schließen, das sich folglich insgesamt wie ein Stabmagnet verhalten sollte. In der Tat richtet sich das Kugelsystem wie ein Kompass in Nord-Südrichtung aus, sobald die mittlere Kugel eingebracht wurde.
Dass dies mit Leichtigkeit geschieht, mag auf den ersten Blick verblüffen, ist aber eine weitere Folge des magnetischen Symmetriebruchs, der durch die mittlere Kugel innerhalb des Kugelrings bewirkt wird. Denn bereits durch kleine Störungen bedingt verschiebt sich die zentrale Kugel ein wenig aus der Ebene mit den sechs anderen Kugeln in die dritte Dimension. Verschiebt sie sich nach unten, so lagert das restliche Kugelsystem auf ihr. Ein leichtes Andrehen genügt, um daraus einen äußerst reibungsfreien Kreisel werden zu lassen, der erstaunlich leicht und lange rotiert.
Dabei zeigt sich, dass dieser Magnetkreisel stets in derselben räumlichen Ausrichtung zur Ruhe kommt. Um das besser verfolgen zu können, genügt es zum Beispiel, die nach Norden weisende Ringkugel farbig zu markieren . Sofern keine ferromagnetischen Stoffe in der Nähe dafür verantwortlich gemacht werden können, bleibt nur die Möglichkeit, dass sich der Magnetkreisel am Erdmagnetfeld orientiert. Das Magnetkugelsystem ist also nicht nur ein Kreisel, sondern auch ein Kompass – ein „Kreiselkompass“ der besonderen Art.
Dreht man den Magnetkreisel in der Nähe eines weiteren gleichartigen Kugelsystems an, so gerät auch dieses wie durch Geisterhand in Rotation (unteres Foto). Das erscheint Zuschauern dann besonders eindrucksvoll, wenn man den treibenden Kreisel hinter einer Wand verborgen andreht und es so scheint, als setzte sich der sichtbare Kreisel von selbst in Bewegung. Für weitere Spiele sind der Fantasie kaum Grenzen gesetzt, solange sie im Einklang mit den Naturgesetzen bleibt.
die beiden mittleren Fotos mit den Kugeln, die sich mit den Eisenspänen zu Wuschelköpfen mit Eigenwillen werden, haben es mir angetan. Auch die eleganten Schleppen, wie Tanzspuren rundum, herrlich! (Ich bitte um Verzeihung, dass ich deine Erklärungsversuche übergehe, es ist schon spät und ich habe nur die Hälfte verstanden).
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Schön, dass du trotz der fachwissenschaftlichen Einlassungen zu später Stunde noch Schönes an den Strukturen entdecken kannst. Für mich ist es auch immer wieder ein Erlebnis, wenn sich die feinen Späne wie von unsichtbare Hand gelenkt in eine – in diesem Fall unerwartete und verblüffende – Ordnung begeben.
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Solche Bilder sind für mich wie Hoffnungsschimmer, dass sich auch die Menschen eine verblüffende Ordnung geben werden, die so ganz anders sein wird als das, was uns grad zugemutet wird. Herzliche Grüße aus dem zweiten totalen shutdown.
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Ich wünsche dir viel Kraft. Bei uns ist es zum Glück nicht so schlimm mit den Einschränkungen. Wir wohnen hier auf dem Lande, sodass ich einen zweistündigen Spaziergang machen kann, ohne einer Person zu begegenen.
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Es ist hier sicher nicht der Ort, dies Thema weiter zu erörtern, lieber Joachim. Nur so viel: Zwischen dem vorgehen zB der griechischen Regierung (Masken überall, Abstand, Lock down) und dem der schwedischen (Empfehlungen, keine Masken, keine Schließungen) gibt es viele Abstufungen. Ich bin nicht fürs ungehinderte „Durchseuchen“, sondern für einen verantwortungsvollen Umgang mit der Infektion. Einfache Stoffmasken halte ich für kontraproduktiv, weil sie eine Sicherheit vortäuschen, die es nicht gibt. Mich haben die Untersuchungen, die ich dazu las, nicht überzeugt. Ich würde gern eine großangelegte dänische Untersuchung dazu lesen, aber die wird nicht veröffentlicht. https://youtu.be/k9yvBuoSYz0?t=34
Vor allem bin ich dagegen, dass Kinder terrorisiert werden und Jugendlichen das normale Erwachsenwerden erschwert wird. Es wird von ihnen ein rücksichtsvolles Erwachsenenverhalten verlangt, das ihrem Alter nicht angemessen ist. Zugleich wird ihnen alles das versagt, was uns in unserer Jugend wichtig war: Reisen, Tanzen, Singen, Schmusen, Blödsinn machen, neue Menschen kennenlernen, sich ausprobieren. Es ist eine Kunstwelt, in der sie sich zunehmend bewegen, und verstärkt Tendenzen, die schon zuvor grassierten (Computerspiele, Freundschaften im FB etc). Dies in Kürze, wissend, dass es zu viel und zu wenig ist.
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Ich verstehe deine Bedenken, wenn auch nicht in dieser Schärfe. Inzwischen scheint der erste Impfstoff verfügbar zu sein. Mit den Impfungen wird sich – hoffentlich – einiges ändern und viele Probleme werden verschwinden.
Die zunehmende „Virtualisierung“ der Welt, die natürlich schon lange vor Corona eingeläutet wurde, halte ich vor allem für Kinder und Jugendliche ebenfalls für sehr bedenklich. Attraktive Konzepte dagegen zu halten, ist eine pädagogische Herausforderung, die m.E. weit über Corona hinausgeht. Hier werden von den Pädagogen und Lehrpersonen gute und vor allem tragfähige Ideen, Engagement und Fantasie gefordert. Leider sehen viele Verantwortlichen dieses Problem gar nicht.
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Ich habe des Nachts nur ein Viertel verstanden, liebe Gerda 😉
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Lieber Joachim, ich habe mich auch in die Natur gerettet, kann hier solange rumlaufen wie ich will, durch Olivenhaine und Schluchten, auf Bergen und wieder runter, ohne dass ich jemandem begegne. Heute ging ich schwimmen – niemand weit und breit. Drum bin ich heiter und fühle mich stark und gesund. Und fähig zu arbeiten.
Aber die Geselllschaft ist krank und wird mit jedem Tag kränker, schmallippiger, freudloser. Ganze Bevölkerungsgrupen falllen ins Abseits, ins Aus. Und warum? Nein, es ist nicht das Virus, es ist die täglich geschürte Angst, es sind die Strafgebühren für Regelbrüche, es ist der Konformitätszwang, was die Menschen erledigen wird. Wenn doch jedenfalls diese tägliche Massage mit angstmachenden Zahlen aufhören würde! Soviele positiv getestet, soviele in Intensivbetten, soviele gestorben. Täglich, morgens, mittags, abends, nachts, 278 Tage lang und immer und endlos so weiter, bis die „rettende“ Impfung den Spuk beendet..Bleibt zu Haus! Fürchtet euch! Wehe,ihr habt Spaß!
Ich bin alt, ich kann ganz gut leben, zumal ich keine Angst habe und den TV auch auf den Müll schmeißen kann, aber ich bin entsetzt über die Folgsamkeit der vielen und über das, was man den Jungen zumutet.
Entschuldige, dass ich hier so offen spreche, ich weiß, es gehört nicht hierher. Aber die Verwandlung der sterilen 6 in eine chaotische lebendige 5 hat mir den Mut gegeben. Mein Mann sieht das Ganze entspannt, Männer scheinen überhaupt besser mit der Situation klarzukommen. Ich aber bin nicht nur aufgrund meiner wissenschaftlichen Qualifikation (Sozialpädagogin), sondern auch als Mensch, als Frau zutiefst betroffen und möchte den ganzen Tag nur schreien: Reißt euch die Masken vom Gesicht, seid verrückt, bewegt euch frei, lacht, tanzt, lebt!
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Liebe Gerda, ich kann dich in vielen Punkten gut verstehen. Die Informationspolitik über das Corona-Virus ist wirklich in vielen Punkten zu beanstanden. Wenn ich das Radio anstelle, ist das zweite bzw. dritte Wort bereits Corona – in den letzten Tagen etwas „aufgelockert“ durch die US-Wahl. Ich halte vielen Politikern, die diese Regelungen veranlassen jedoch zugute, dass sie aus bestem Wissen und Gewissen handeln und wegen der Unerfahrenheit mit der Situation oft überfordert sind.
Du scheinst für die Lösung zu plädieren, dem Virus freien Lauf zu lassen – was man ja ohne die Einschränkungen faktisch täte – und eine „Durchseuchung“ in Kauf zu nehmen. Zur Zeit der Pest u.Ä. gab es faktisch keine andere Möglichkeit für die Menschen. Aber kann man das riskieren? Würdest du als Politikerin die Verantwortung dafür übernehmen wollen? Du sprichst die Masken und implizit auch die Abstandsregeln an. Beides sind Maßnahmen, deren Wirksamkeit nachgewiesen ist. Ich habe einige wissenschaftliche Beiträge dazu gelesen und habe keinen Grund gesehen die Ergebnisse anzuzweifeln. LG, Joachim.
Hoffen wir, dass der Spuk bald vorbei ist. Ich selbst fühle mich abgesehen von einigen ausgefallenen Vorträgen und Tagungen wohl ähnlich wie dein Mann nicht so tiefgehend beeinträchtigt wie du es bist und kann dir nur von Herzen wünschen, soweit es geht, Frieden mit der vorübergehenden Situation zu schließen.
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WENN das HIER schon mal gelandet IST, kann ich nur sagen: Diese Aufteilung Mann/Frau kann ich nicht bestätigen. Worauf sollte sie sich begründen?!
Den Virus freine Lauf lassen – das Gesundheitssystem würde sich bedanken und das Virus würde sich ins Fäustchen lachen, wenn es eines hätte!
Die täglich geschürte Angst ist tatsächlich etwas kritisch zu sehen, vielleicht könnte man den zugrunde liegenden Sachverhalt anders rüberbringen.
Unlängst sah ich, um einen Vergleich zu ziehen, einen Vortrag eines bekannten Physikers, der den Zustand der Erde, was Klima, Verschmutzung, Raubbau ect betrifft, in solch drastischen Bildern und Zahlen schilderte, daß einzelne Leute den Saal verliesen. ALL das,was der Physiker vorbrachte, WAR KORREKT. Aber so kann man das nicht machen!! Dieses schiere Gebirge an Schrecken, was den Zustand der Erde betrifft, kann niemand bewegen, mitzuhelfen. So geht es nicht. Man muß das anders rüberbringen, dann entstehen zarte Pflänzchen wohl, die sich um den Erhalt der Erde bemühen.
Das jetzt als ganz weniges dazu.
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„Diese äußerlich kaum zu erkennenden sehr geringfügigen Veränderungen führen meist dazu, dass die mittlere Kugel nur noch fünf der äußeren Kugeln berührt. “
Das hatte ich auch bei meiner Kusszahl, aber aus anderen Gründen. 🙂
Jetzt habe ich den Text ein 2tes Mal gelesen, bin jetzt bei 75 % des Verständnisses und habe Gerda überholt 🙂
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Ich gebe zu, dass der Text (vor allem in der Kürze) nicht leicht zu verstehen ist. Vielleicht schaffe ich es ja den einen oder anderen selbst zum Spielen mit Magnetkugeln und Eisenpulver anzuregen. Ich selbst finde viel Spaß daran und entdecke ständig Neues. Dazu gehört auch die völlig frustrierte Eisenkugel in der Mitte, die sich am liebsten aus dieser Umarmung trennen möchte. Gerda hat es richtig gemacht und die für sie wichtigen Anregungen aus den filigranen Strukturen entnommen.
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Zum dritten Mal gelesen, ein sehr schöner Artikel, womit ich wieder an die Ästhetik anknüpfe.
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Danke, lieber Gerhard! Du gibst wirklich nicht auf! Du sagst es, irgendwie haben die Visualisierungen der Magnetfeldlinien auch etwas Ästhetisches, das ist eines der Motive meiner Spielereien.
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Danke, das Schöne sind aber Deine Erklärungen, die tragen zu einerwahrgenommenen Ästhetik bei.
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🙂
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„die frustrierte Kugel in der Mitte“ Holla! Ja! sie möchte gern, kann aber nicht wie sie will. Denn es gibt da etwas, was ihren Tanz mitbestimmt. Unsichtbare Kräfte sinds, sichtbar werden sie im Eisenpulver.
Ich würde gern mit diesen Kugeln und mit Eisenpulver spielen, doch woher nehmen? Nicht nur sind alle Geschäfte zu, sondern es gibt sie vermutlich auch nicht hier in der Gegend. Und Amazon soll nicht durch mich noch fetter werden. 😉
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Die Kugeln und das Eisenpulver sind in der Tat wohl nur im Internet zu beschaffen – allerdings für wenig Geld. Es gibt aber Alternativen zu Amazon. Was die Frustration mit der unterbundenen Flucht der mittleren Kugel betrifft, so führt sie jedoch zum leichten Kreiseltanz…
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Dankeschön. ich kaufe grundsätzlich sehr ungern im internet. Ich schau also mal, ob ich es hier irgendwo bekomme. Kreiseltanz – hm, nicht schlecht, außer er ist fremdinduziert.
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In Athen müsste es so etwas zu kaufen geben.
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Am Freitag ist mein fünfjähriges Enkelinchen mal wieder mit dem Magneten, den ich ihr vor einem Jahr geschenkt habe, durch die ganze Wohnung gelaufen, um alles, was Metall ist oder wie Metall aussieht, zu testen. Nach dem Lesen dieses Beitrags bin ich froh, dass sie für Experimente mit Eisenfeilspänen noch zu klein ist. Ich käme in erheblichen Erklärungsnotstand.
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Ja, du hast Recht. Einem Fünfjahrigen würde ich sie kleinen Super-Magnetkugeln auch nicht empfehlen (es gibt da einige Gefahren). Allerdings solltest du den kreativen Umgang mit normalen Magneten durchaus positiv sehen. Die Erfahrung, dass etwas auch ohne Berührung wirkt ist – wenn ich mich an meine eigene Kindheit erinnere – sehr nachhaltig und anregend…
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Genau deswegen hatte ich ihr die Magneten ja geschenkt, und wirklich wird es ihr nicht über, immer wieder einmal damit herum zu probieren.
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O, Entschuldigung, ein Mädchen! Das ist ja noch schöner, wenn statt einer Puppe ein Magnet geschenkt wird 🙂
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