In der Adventzeit neigen manche Menschen dazu, Zeichen am Himmel zu sehen. Das ist nicht neu. So wurde beispielsweise in meiner Kindheit die rote Abenddämmerung mit den Brot backenden Engeln in Verbindung gebracht. Und was ist es diesmal? Eine rote Fahne, die aus den Wolken heraus hängt (siehe Foto)? Eine gewisse Flatterhaftigkeit kann man ihr nicht absprechen. In der Struktur des Streifens könnte man aber auch die leuchtende Spur eines Objekts sehen, der sich rotierend auf einer Spiralbahn nach unten bewegt (hat). Oder ist es doch nur der Rest eines verwirbelten (verwirrten?) Kondensstreifens?
Bleiben wir mal dabei. Kondensstreifen entstehen nur unter bestimmten Bedingungen. Dazu gehört u. A. eine genügend große Feuchte (Wasserdampfkonzentration). Es könnte also sein, dass diese Bedingung nur in dem Bereich ausreichend groß ist, in dem man den Streifen sieht. Dort haben sich genügend Wassertröpfchen bzw. Eiskristalle gebildet, an denen das Sonnenlicht gestreut und daher indirekt sichtbar wird. Die rote Farbe zeugt davon, dass die Sonne bereits untergegangen ist oder zumindest sehr tief steht. Ihr Licht legt einen langen Weg durch die Atmosphäre zurück und hat durch mehrfache Streuvorgänge die kurzwelligen Lichtanteile verloren. Und die verbleibenden langwelligen Rotanteile erreichen auch nur noch höhere Himmelregionenen in dem sich der Kondensstreifenrest wie eine Fahne im Wind bewegt.
Die dunklen Wolken liegen niedriger als der beleuchtete Kondensstreifenrest. Sie werden nicht mehr vom Sonnenlicht erreicht und bilden mit ihrem die kommende Nacht präludierendem Schwarz einen eindrucksvollen Kontrast, der auch ohne brotbackende Engel sehr schön zum heutigen 2. Advent passt.
Zeichen in einem ominösen Sinn pflege ich am Himmel nicht zu sehen, eine leuchtende Wolkensäule, wie auf dem Foto, aber habe ich schon gesehen, und, wenn ich mich recht erinnere, müsste das auch etwa zu dieser Jahreszeit gewesen sein. Ich stand auf dem Pariser Platz und wunderte mich gleichzeitig über das Wolkenphänomen und darüber, dass keiner von den unzähligen Menschen um mich herum es zu beachten schien. Das Brandenburger Tor war eben wichtiger. Die normalen Kondensstreifen, die besonders den Abendhimmel in eine Art Schnittmusterbogen verwandeln, haben mich allerdings oft beunruhigt. Viel zu viele Flugzeuge!
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Die Erfahrung, dass die meisten Menschen verlernt haben, Naturphänomene zu sehen gehört auch zu meinen Erfahrungen. Die Schnittmusterbögen am Himmel (schöne Bezeichnung) sind auch hier seit einer Pause im Sommer auch wieder zu sehen, wenn auch mit etwas gröberem Schnitt.
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ENGEL
Der Engel schwebt,
der Himmel lebt,
die Engel backen Brot.
Ein Mensch in sieben
ist jetzt in Not, hast du gesagt,
hat nicht genug zu essen
im reichsten Land der Welt.
Die Engel backen, der Himmel wird rot
und wird dunkel am Nachmittag.
Die Engel backen im Flüchtlingszelt.
Wir zünden Kerzen an
und backen und singen.
Die Menschen haben gerade gewählt
im reichsten Land der Welt.
Ist es besser in China?
Ein Mensch in fünf, ein Kind von sieben
irgendwo drüben.
Die Wolke schwebt,
die Farbe lebt.
Gott, gib uns unser tägliches Brot.
MW 2. Adventssonntag 2020
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Vielen Dank für den lyrischen Kommentar!
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Wow. Das sieht wundervoll aus.
Hab einen schönen Nikolaus!
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Vielen Dank den hatte ich – sogar offline!
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Das Frappierende für mich ist der fast senkrecht wirkende Eintrag. Dabei wissen wir, daß er waagrecht sein muß – oder fliehend in eine Neigung.
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So genau kann man das gar nicht beurteilen. Ich sehe es auch senkrecht. Aber es könnte auch waagerecht sein mit perspektive kompensierender Verbreiterung.
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Sieht ja schon recht rätselhaft aus🤔
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Vor allem weil es so lange hielt. Es verlor mit weiter absinkender Sonne nur seine rote Farbe.
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