Als Entität für sich betrachtet, ist der Schatten seltsam. Er ist ein wirkliches materielles Faktum, ein physikalisches Loch im Licht, hat aber weder eine stabile Form noch eine kontinuierliche Existenz; andererseits aber sind die Metamorphosen, die er durchläuft, determiniert, und obwohl er diskontinuierlich ist, kann er wiederkehren. Wie die Farbe wird Schatten nur in Abhängigkeit vom Licht realisiert, aber anders als die Farbe hat der Schatten kein permanentes, molekular definiertes Eigengebiet. Obwohl seine aktuelle Manifestation auf Oberflächen stattfindet, ist sein Reich dreidimensional und innerhalb dieses Reichs ist ihm alles untertan. Und so weiter. All dies mag durchaus etwas mit Leonardo da Vinci und jenen anderen zu tun gehabt haben, die sich manchmal fragten, ob der Schatten vielleicht nicht nur ein lokales Negativ des Lichts sei, sondern auch dessen aktiver Gegenspieler, der aus der Dichte ausstrahlt wie das Licht von einer Lichtquelle.*
Wer findet heraus, welcher Alltagsgegenstand auf dem Foto abgebildet wurde?
* Michael Baxandall. Löcher im Licht. München 1998. S. 156
Ich sage immer: Was ich an der Sonne im Sommer liebe, ist, dass ich den Schatten genießen kann. Aber das hat wenig mit dem eigentlichen Phänomen zu tun. Oder vielleicht doch. Schatten beschäftigen ja seit Menschengedenken die Phantasie – von Schattenreich bis Schattenspiel. Kürzlich habe ich das Wesentliche eines Radiokommentars verpasst, nämlich die Antwort eines Kindes auf die Frage, wohin das Licht geht, wenn nach dem Zubettgehen die Lampe ausgeknipst wird. – Sollte jemand das zufällig gehört haben, wäre ich für die mir fehlende Antwort sehr dankbar.
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Die Antwort des Kindes auf die Frage nach dem Verbleib des Lichts kenne ich nicht. Aus physikalischer Sicht würde man sagen, das Licht versickert in den von ihm getroffenen Gegenständen. Meine Vorliebe für Reisen in den Süden habe ich ebenfalls auf den Punkt gebracht, dass es dort im Schatten so angenehm warm ist. Die negative Konnotation des Schattens ist also gar nicht so durchgängig wie es oft den Anschein hat.
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Das Licht versickert in den Gegenständen. Ist das schön! – Die Antwort des Kindes würde mich trotzdem noch interessieren. Kinder sagen oft wunderbare Sachen, die von einer Art ganz natürlichem Verständnis der Dinge zeugen. Vielleicht hat das Kind ja eine sinngemäß ähnliche Antwort gegeben wie du.
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Ja, wäre interessant zu wissen.
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angenehm warm? das ist wirklich eine Nördler-Wahrnehmung. Ich finde es im Schatten angenehm kühl.
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Es kommt auf die Perspektive an. Ich liebe die Wärme, sofern sie sich in Grenzen hält. Das ist im Schatten aber meist nur im Süden der Fall.
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Es geht dahin, wo es gebraucht wird, wäre meine kindliche Antwort.
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Aber da du kein Kind mehr bist, weiß ich nicht, ob du noch kindliche Antworten zu geben vermagst.
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Es ist der dienende Aspekt des Lichts 😃
Ist es nicht so, dass Kinder manche Phänomene als beseelt erleben?
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Ich weiß es nicht. Oft frappieren Kinder durch ihre zwar kindlich formulierten aber im Kern zutreffenden Einsichten. Aber wir spekulieren hier. Ich werde mal meinen Enkel fragen.
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Das ist eine gute Idee!
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Treppen, die von oben abgelichtet wurden?
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Super, genau so ist es! Erstaunlich, dass du das trotz der Schwarz-Weiß-Inversion erkannt hast. 🙂
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Guten Morgen,
ist es vielleicht eine Stiege? Das Bild könnte ein Negativ sein. 🙂
Bei dieser Gelegenheit möchte ich Ihnen schreiben, dass Ihre Veröffentlichungen in dem Blog großartig sind und ich sie täglich mit Freude öffne.
Ich wünsche Ihnen einen wunderbaren Marienfeiertag, 8. Dezember!
Beste Grüße aus Schlägl von Karl
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Die Antwort ist völlig richtig. Auch die Negativ-Inversion ist korrekt erkannt. Vielen Dank für die lieben Worte und schöne Grüße, Joachim.
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Bisher habe ich Schatten nie als „materielles Faktum“ gesehen. Frag bitte nicht, als was sonst … als Reduktion von Lichtstrahlen wohl, aber das als etwas Materielles zu sehen …
Dabei ist es nach deinen Ausführungen völlig klar.
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Mir geht es ähnlich. Aber die ganze Menschheitsgeschichte hindurch ist dieser materielle Aspekt des Schattens vorhanden, dokumentiert durch Schriften. Ich muss gestehen, dass mir Schatten fehlen, wenn sie – was in unseren Breiten nicht passieren kann – zu klein werden. Ich verbrachte mal einige Zeit in China als die Sonne in der Mittagszeit senkrecht über mir im Zenit stand. Ich fragte mich, was in diesen Mittagszeiten, in denen ich vorwiegend außer Haus war, so unwirklich wirkte – bis ich auf die fehlenden Schatten kam.
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So stark wirkt der Einstrahlungswinkel der Sonne auf uns? Das hätte ich nicht gedacht!
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Jedenfalls auf mich, bei Anderen mag das anders sein. In unseren Breiten haben wir (bei Sonne natürlich) immer einen Schatten.
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„ein Loch im Licht … ist sein Reich dreidimensional und innerhalb dieses Reichs ist ihm alles untertan“ Irgendwie magisch, als sei hier vom Bösen an sich die Rede. Ich finde diese Art, die phyikalischen Dinge zu betrachten, verführerisch, Denn quasi durch die Hintertür des streng-physikalischen Weltgebäudes schafft sich die Metaphysik einen Zugang.
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Dazu stehe ich aber. Ich möchte versuchen die physikalische Perspektive zugänglich zu machen, ohne falsch zu werden. Oft ist die technische Sprache der Physik so abschreckend, dass man (vor allem Schüler*innen) schon deshalb die Jalousie herunterlassen.
Da die lebensweltliche und die physikalische Sehweise unvereinbar sind, muss ich im Physikunterricht sehr viel mehr ÜBER Physik sprechen und überzeugende Gründe dafür geben, dass es sich lohnt, sich auf die Physik einzulassen. Das gehört, wenn du so willst, zur Metaphysik und davon wird viel zu wenig Gebrauch gemacht.
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ich bin da ganz einverstanden: zur Physik verführen, ja, das tust du.
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🙂
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Das Foto zeigt eine Fassaden mit senkrecht hervorstehenden Lamelenartigen Baukörper. Ander Fassade sind zudem hervorstehende „Dächer“ zu sehen die wellenförmige und lichtdurchlässig? sind bzw. die reflektierend sind uns so die verwirrerd-abstrakten Muster entstehen.?
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Nein, leider nicht. Es handelt sich um eine Treppe von oben gesehen. Es ist das Negativ des Fotos. Vielen Dank fürs Raten!
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1. Licht kann nur wahr genommen werden, weil es ein Sehorgan dafür gibt. bzw. Gegenstände dieses reflektieren und das Gehirn diese Informationen entsprechend u.a. als Licht/Schatten „verwertet“. Licht/Dunkelheit finde ich auch sehr interessant im Bezug auf die Hormonbildung, Wachstum usw.
2. Schatten ist abgedunkeltes Licht und umgekehrt. Auch am Tag strahlen die Sterne doch solange das Sonnenlicht die Atmospähre des Menschen soweit erhellt, können diese nicht gesehen werden.
3. Sprichwörter wie: Das Licht kennt die Dunkelheit nicht, Licht ins Dunkle bringen, mir ist ein Licht aufgegangen, es leuchtet mir ein, er/sie ist ein Schatten seiner Selbst usw.
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Ja, das sind schöne Ergänzungen. Beide Phänomene (wobei der Schatten nur die Abwesenheit des Lichts darstellt) haben unser Denken und Handeln auf die eine oder andere Weise „besetzt“. Der Metaphernreichtum ist immens…
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…..Es handelt sich um eine Treppe von oben gesehen……….dann ist meine Intepretation des Fotos ein gutes Beispiel, was das Gehirn aus etwas…… verschiedenes um-konstruieren, strukturieren kann….;-)
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Dieser Flexibilität des Gehirns verdanken wir auf der anderen Seite eine Menge… 🙂
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