Auf dem Foto sieht man einen Zylinder, den ich aus einzelnen Magnetkugeln zusammengesetzt habe. Abgesehen davon, dass man dabei wie bei der Herstellung anderer puzzleartiger Gebilde vor allem Geduld lernt, gibt es weitere interessante Einblicke und Einsichten. Und damit meine ich nicht nur den stolzen Blick durch die Röhre, wenn sie denn endlich fertig ist.
Man lernt zumindest auf der Ebene des Umgangs mit vielen Magneten etwas über ihre Widerspenstigkeit. Sie ziehen sich nämlich nicht nur an, sondern stoßen sich auch ab, je nachdem wie sie sich annähern. Und wenn mehr als zwei Magneten im Spiel sind, dann erfährt man auch, wie Kompromisse in einer Form aussehen, bei der Gefühle und Animositäten sicherlich keine Rolle spielen – jedenfalls nicht die der Magnetkugeln. Irgendwann hat man den Bogen raus in Form einer Baustrategie und dann kann es schließlich sehr schnell gehen, bis der Zylinder steht oder sogar rollt.
Da die Kugeln alle spiegelnd sind, nehmen sie die Farben der Gegenstände an, die sie nach dem Reflexionsgesetz in unsere Augen senden. Um die Verhältnisse dabei möglichst einfach zu halten, habe ich das Konstrukt auf eine rote Fläche gelegt und prompt den Eindruck, dass in der ansonsten sehr gleich- und gesetzmäßig aufgebauten Rolle Defekte aufzutreten scheinen. Zum einen sehen einige Kugeln im Vordergrund so aus, als wären sie mit einem hexagonalen Muster winziger Dellen gesprenkelt – ähnlich wie bei Billardbällen (zum Vergrößern klicken). Zum anderen scheint es so als würde der einen oder anderen Kugel ein Stück fehlen und man blickte durch die Fehlstellen direkt auf den roten Untergrund.. Doch in beiden Fällen handelt es sich um Spiegelungen des aus der Umgebung stammenden Lichts. Die scheinbaren Dellen sind Abbilder gegenüberliegender Kugeln. Und die scheinbar fehlenden Stücke, durch die man direkt auf den Untergrund zu schauen vermeint, sind Spiegelungen des Untergrunds. Man muss schon genau hinschauen, um sich zu vergewissern, was wohin gehört, was real und was nur vorgespiegelt ist.
Manchmal denke ich, dass uns das Alltagsleben im übertragenen Sinn zuweilen vor ähnliche Probleme stellt.
Im Alltag will man es nicht unbedingt kompliziert.
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Um so wichtiger ist es, Scheinprobleme zu erkennen… 😉
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Gestern den Schriftzug kleber gezeichnet. Dessen Buch „Rettet die Wahrheit “ hatte ich einst gelesen.
Im Grunde ein zu verlierender Kampf.
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Gibt es „die Wahrheit“? Eine interessante Rezension zu Kleber: https://medienblog.hypotheses.org/958
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Eine Wahrheit an sich gibt es natürlich nicht, Joachim.
Kleber ging es in seinem Buch eigentlich nur darum, daß soziale Medien ungeheuer wirkmächtig geworden sind. Das ist unbestritten.
Die Rezension habe ich gelesen, danke dafür.
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🙂
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Es ist ungemein schwierig, Personen“endgültig“ zu beurteilen.
Gerade Personen der Zeitgeschichte, Philosophen aller Couleur.
Für mich gilt meist, daß , wenn eine solche Person uneitel (!), ruhig sachlich argumentierend und mit einem Background an Forschung/Arbeit hinter sich versammelt habend, daherkommt, dann glaube ich ihm eher. Aber diese gerade beschriebenen Faktoren gelten auch für manche „Kwerer“.
Es muß also noch mehr dazukommen.
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Die Schwierigkeit sehe ich auch. Es muss da in der Tat noch etwas hinzukommen. Zum Beispiel gemeinsame Grundüberzeugungen, die Fähigkeit sich durch Argumente überzeugen zu lassen, der Verzicht darauf, Stimmung für die eigene Sache zu machen…
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Verzicht. Ein wichtiger Punkt.
Im SRF werden ja oft Philosophen interviewt. Bei einigen wenigen fiel mir, daß sie vornehmlich zu den Sachfragen in der Sendung sprechen wollen und weniger daran interessiert sind, etwas zu ihren Büchern zu sagen.
Wichtig ist auch, daß derjenige manchmal betont, daß man nichts genaues zu einem Sachverhalt sagen kann. Und in der Tat kann man des öfteren nur Vorläufiges sagen.
Es scheint, es spricht dafür. Das empfinde ich oft als lauter.
Ich hatte mal ein Buch zur Neurogenese gelesen, in dem der Autor, ein Wissenschaftler, diese Formeln öfter gebrauchte. Vorschnell ist schnell etwas geäussert. doch Verifikation ist ein hartes Ding!! Mir imponierte jedenfalls diese Vorsicht im Buch ungemein.
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Auch da stimme ich mit dir überein. Da wissenschaftliche Ergebnisse auch nur vorläufig sind, steht den Wissenschaftlern Bescheidenheit in dieser Hinsicht gut an.
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„erfährt man auch, wie Kompromisse in einer Form aussehen, bei der Gefühle und Animositäten sicherlich keine Rolle spielen“ las ich und las auch euren Dialog – der en obigen Satz recht gut illustriert. Ihr beiden kommt zu solchen Kompromissen.
Die Rezension las ich mit Vergnügen und nicht ohne „Animositäten“ zu fühlen gegen den dort Kritisierten, den ich überhaupt nicht kenne. Womit den „gemeinsamen Grundüberzeugungen“ die ihnen gebührene Rolle gegeben war.
Ich hätte sicher nicht die Geduld, im Wechselspiel von Anziehung und Abstoßung ein Guckrohr zu bauen, durch das man dann ein Stück Alltagswelt – in diesem Fall ein rotes Tuch (!) – genauer betrachten kann, ohne freilich gegen all die Täuschungen gefeit zu sein, die durch Reflexionen am Rohr hervorgerufen werden.
Mein Verhältnis zu roten Tüchern ist als geborener Stier ein schwieriges.
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Die Bedeutung des Rohrs sollte nicht überschätzt werden, auch nicht die Assoziationen, die mir angesichts des Rohres auf dem roten Tuch kamen. Dass der letzte Satz zu einem Dialog führte, ist der Fähigkeit Gerhards zuzuschreiben, solche Metalessons zu empfangen und darauf zu reagieren. Sicherlich ist ein solcher Blog nicht das Forum, solche wichtigen Themen auszudiskutieren, aber einer gewissen gegenseitigen Vergewisserung kann sie schon dienen. Ich hoffe, dass deine Ungeduld sich nur auf das materielle Rohr bezieht – was ich verstehen kann – aber deine Texte und Kommentare zeigen schon, dass du über ein sehr sensibles immaterielles Guckrohr verfügst, das die Probleme unserer Zeit aufzuspüren versteht.
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Zu welchen Betrachtungstiefen doch ein paar magnetische Kugeln führen können! In der Sache bin ich ganz eurer Meinung. Besonders der Verzicht auf „Stimmungsmache“, die Gerhard anspricht, ist mir sehr wichtig: zu häufig wird in letzter Zeit auf Emotionalisierung zurückgegriffen, sogar dort, wo der fachliche Boden tragfähig genug wäre.
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Du sagst es. Ich habe es jetzt mehrere Male erlebt, dass einige Beiträge, die man nur auf der Objektebene lesen könnte, durch winzige tatsächliche oder aus sich selbst hervorgegangene Andeutungen zu Diskussionen führen, die den Ausgangspunkt völlig vergessen lassen. Sagt das nur mehr über das Phänobjekt, über die allgemeine gesellschaftliche Stimmungslage oder über die Diskutanten aus?
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Gerade habe ich gesehen, dass ja du es warst, der die „Stimmungsmache“ angesprochen hat. Solche entgleisten Diskussionen mit zum Teil traurigen Folgen habe ich auch an verschiedenen Stellen beobachtet.
Das hängt wohl auch damit zusammen, dass generell mehr Menschen in der Öffentlichkeit (social media) über Dinge diskutieren, von denen sie eigentlich nicht viel verstehen, aber trotzdem eine Meinung dazu haben. Das wäre nicht so schlimm, wenn nicht eine Rechthaberei hinzukäme, die ganz unangebracht ist. Dann muss nur jemand sachlich dagegen argumentieren und schwups – hilft nur noch die Stimmungsmache dagegen.
Das Muster verbreitet sich leider zunehmend (bis in Präsidentenkreise, wie man vier Jahre lang sehen konnte), so dass es gar nicht mehr auffällt. Eine Seuche.
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Ich bin ganz deiner Meinung. Stimmungmache ist oft das letzte hilflose Mittel. Es müsste wehtun, wenn jemand dahingehend abgleitet. Leider ist inzwischen das Gegenteil der Fall und Weg dazu ist – wie du ja bereits gesagt hast – u.A. von höchster Stelle sanktioniert.
An sich finde ich es nicht schlimm, wenn Menschen über Dinge sprechen, von denen sie nichts verstehen, solange man die Absicht spürt, dass die etwas verstehen wollen…
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Natürlich, man soll nicht nur über Dinge sprechen dürfen, die man studiert hat … das wäre ja schrecklich! Nur nicht den fehlenden Sachverstand durch Rhetorik ersetzen.
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Da sind wir einer Meinung! 🙂
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Ich würde ja allen Stimmungsmachern und Stimmungskonsumenten [???] empfehlen, sich eine Handvoll magnetischer Kügelchen zu besorgen, um daraus etwas zu bauen. Es beruhigt womöglich und führt zwangsläufig zu Erkenntnissen. Alles Geistige hat eine Entsprechung im Physischen und umgekehrt. Vorsicht ist dennoch geboten. So wie es geistigen Sprengstoff gibt, gibt es Physiker, die Bomben bauen.
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Danke für deinen klugen Versuch, die (ja irgendwie auch von mir verschuldete/beabsichtigte) Entgleisung einer auf den ersten Blick völlig harmlosen Beschäftigung zur Entspannung in den geistigen (philosphisch, psychologisch, politischen) Bereich auf den Ausgangspunkt zurückzuführen. Zum Glück war die Diskussion doch so einvernehmlich, dass wir nicht in die von dir angesprochene Gefahrenzone gelangten. Ob den Stimmungsmachern und -konsumenten jedoch mit der Botschaft der Magnetkugeln beizukommen ist, wage ich allerdings zu bezweifeln.
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Lieber Joachim, manchen Menschen ist mit gar nichts beizukommen. Würde ich diese Gruppe jedoch in meinen Überlegungen immer berücksichtigen, käme ich über kurz oder lang ohne Stimmungsaufheller nicht aus.
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Komisch, das deckt sich voll mit meinen Erfahrungen… 😉
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