Wer sich auf dünnem Eis befindet, sollte vorsichtig sein. Allzu leicht kann das Eis einbrechen. Das ist in diesem völlig harmlosen Beispiel geschehen. Der Teich ist nur mit einer dünnen Eisschicht bedeckt, die zudem mit einer Temperatur über dem Gefrierpunkt dabei ist, langsam in die flüssige Phase zu wechseln. Die Eisschicht fällt durch eine fast perfekte kreisförmige Öffnung zum darunter befindlichen Wasser auf, denn alle anderen Strukturen sind eher von floraler Unregelmäßigkeit. Wie kommt zu diesem Kreis?
Nachts waren Gase der biologischen Aktivitäten am Grunde des Teichs aufgestiegen und fanden die Weg in die Atmosphäre versperrt vor. Also sammelte sich eine wachsende Gasblase – genauer: eine Halbblase unter der Eisschicht. Blasen streben die Kugelgestalt an, weil die Kugel ein gegebenes Volumen mit der kleinsten Oberfläche begrenzt. Und da der Aufbau von Oberflächen Energie erfordert, kann Energie eingespart werden, wenn ein Gas sich mit einer kugelförmigen Oberfläche ausstattet. In diesem Fall gibt es eine noch günstigere Möglichkeit, nämlich die Unterseite der Eisschicht in den Bau der Blase mit einzubeziehen und so etwas wie eine Halbblase zu bilden.
Da im Lauf des Tages die Eisschicht begonnen hat zu schmelzen, ist auch die Eisbegrenzung der Blase dünner geworden. Vermutlich hat irgendwann der Auftriebsdruck ausgereicht, die dünne Eisschicht an der schwächsten Stelle zu brechen und das Gas endlich in die Atmosphäre zu entlassen.
Die ehemalige Blase ist übrigens nicht allein. Sie ist von zahlreichen kleineren Blasen umgeben, die wohl noch einige Zeit warten müssen, bis sie ins luftige Element entlassen werden.
Die Blasen steigen übrigens in präziser Vertikalität auf. Das kann man immer dann besonders gut sehen, wenn sich unter der Eisschicht ein Blasenmuster abzeichnet, das die Umrisse des gasausscheidenden Objekts erkennen lässt. Manchmal werden sogar Fahrräder unter die Eisschicht gemalt.
Ich empfand die Erklärung sehr Interessant.
Grüße von Michael aus Hamburg
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Vielen Dank, Michael! Gruß, Joachim.
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Das heißt, hier ist das Eis nicht von oben nach unten durchgebrochen, wie wir es als aerozentrische Wesen spontan annehmen, sondern von unten nach oben. Wieder einmal eine gleichermaßen physikalisch interessante wie poetische Problemstellung. Und das Foto dazu finde ich zauberhaft, Joachim.
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Beschwören kann ich es nicht, weil ich nicht dabeigewesen bin. Aber da es eine Gasblase unter Wasser nicht lange hält, ist es wahrscheinlich, dass der Wille (vulgo: Auftriebskraft) sich mit dem luftigen Element (wieder) zu vereinigen, den Ausschlag gegeben hat, die immer dünner werdende Eisschicht an einer schwachen Stelle zu durchbrechen. Wenn man es geschickt anstellt, kann man die allgegenwärtige Schwerkraft auch gegen sie verwenden. Vielen Dank, liebe Ule, für deine kreativen Ergänzungen!
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Die von deinem Input angeregt werden – gern geschehen!
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🙂
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Davon, so scheint mir, träumt so manche Gruppierung: sich zu einer Kraft zu versammeln und das Eis an einer Stelle zu durchbrechen. Historisch zum Beispiel die Bolschewiken. Auch manche weniger wilde Durchbruchshoffnung hat diese Gestalt.
Oft genug mag solch ein Loch wieder überfrieren – aber viele Löcher bringen es die ganze Eisschicht zum Einsturz, oder?
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Genauso ist es. Beim Durchbrechen des Eises gibt es auch noch unrevolutionäre Variante im Sinne von einer lockeren Stimmung. Hinu kommt noch, dass das Eis meist von einem solchen Loch aus zu schmelzen beginnt.
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Diese Dinge erstmal zu sehen…. und dann sich an der Erklärung zu erfreuen!
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Man muss sich einfach auch mal die Dinge anschauen, die man ansonsten keines Blickes würdigt.
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