Kinder und Hunde fürchten sich oft Rolltreppen zu benutzen. Diese Furcht und die möglichen Gedanken, die dabei entstehen können, hat Nicholson Baker (* 1967) zu beschreiben versucht. Dabei reflektiert der Protagonist Howie in dem bemerkenswerten Roman: Rolltreppe oder die Herkunft der Dinge vor allem scheinbar unwichtige Dinge und Handlungsabläufe, die den Alltag bestimmen. Mit großer Akribie und Ernsthaftigkeit malt Howie sich u. A. am Beispiel einer Rolltreppe aus, welche Gefahren sie birgt. Insbesondere die einerseits fantastischen aber andererseits mit nahezu naturwissenschaftlicher Akribie beschriebenen detailversessenen Exkurse sind m. E. ein Hochgenuss:
Eines der Dinge, die mir meine Mutter beigebracht hatte, als ich sehr klein war (daß sie soviel Wert auf Sicherheit legte, hatte seinen Grund möglicherweise darin, daß Rolltreppen und führerlose Aufzüge damals noch etwas relativ Neues waren und man sie daher, wie später auch die Braunsche Röhre und den Mikrowellenherd, als Herde zahlreicher neuer Gefahren ansah), war, daß ich jedesmal, bevor ich ein vertikales Beförderungssystem benutzte, unbedingt meine Turnschuhe neu schnüren sollte. Der lose Schnürsenkel könnte sich in dem Spalt zwischen zwei Stufen verfangen, und ich stellte mir die Folgen vor: Die Stufen verflachen allmählich wieder für ihren tropholytischen Widerabstieg und ziehen Struwwelpeter mit sich, quetschen ihn, Schuh, Bein, Rumpf und schließlich Kopf, durch die metallenen Zinken am oberen Ende ihrer Kreisbahn, um ihn dann auf der schwer vorstellbaren flachen Reise über die Unterseite der Treppe auch noch plattzuwalzen….
Und Rolltreppen sind wirklich sicher: Ihre Sicherheit ist das Resultat (wie ich heute glaube) der brillanten Entscheidung, die Oberfläche der Stufe zu rillen, so dass sie perfekt in die Zähne der kammartigen Metallplatten am oberen und unteren Ende greift, was es irgendwelchen Gegenständen wie Münzen oder Schnürsenkelspitzen unmöglich macht, sich in dem Spalt zwischen der rollenden Stufe und dem festen Boden zu verfangen. An dem Nachmittag dachte ich nicht unmittelbar an die Rillen der Rolltreppe, ja, damals hatte ich nur vage Vorstellungen bezüglich ihres Sinns – ich dachte, sie dienten dem festeren Halt oder seine möglicherweise nur Dekoration; gerillt, um uns daran zu erinnern, wie schön gerillte Flächen an sich sind: die Rillen an der Unterseite des Blauwals, die ihm bestimmt einen hydrodynamischen oder thermischen Vorteil verschaffen; die Rillen, die ein Rechen in lockere Erde oder eine Egge in einem Feld hinterlässt; die einzelne Rille, die eine Schlittschuhkufe ins Eis kratzt; die Rillen in Socken, die diese dehnbar machen, und die im Kord, die man mit dem Kugelschreiber entlangfahren kann; die Rillen auf Schallplatten.*
* Nicholson Baker. Rolltreppe oder die Herkunft der Dinge. Reinbek 1993, S. 103ff
Meine Frau stellte mal einen Koffer vor sich und den kleinen hinter sich. Der grosse fiel um und warf sie auf den kleineren dahinter. Wie durch ein Wunder gab es ausser Schürfwunden keine schwerwiegenden Verletzungen.
Soweit ich mich erinnere, blieb die Rolltreppe dabei auch stehen.
Also hatte Bakers Mutter doch recht! Ganz ohne sind die Rolltreppen nicht.
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Solche Kettenreaktionen sind in der Tat fatal. Man stelle sich nur vor auf einer vollbesetzten Rolltreppe fällt der Oberste nach hinten um …
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Das wäre dann kein Slapstick mehr.
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Ich habe mal gelesen/gehört, dass Rolltreppenunfälle seltener seien als solche auf festen Treppen. Vermutlich weil man dort meist unbeweglich steht.
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Um Treppen herum hätte „Frank Drebin“ sich sicher was einfallen lassen.😃
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Aber eher aus Schusseligkeit 😉
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Rolltreppe bitte niemals mit Hund nutzen, er sei denn er wird auf den Arm getragen.
Habe mal miterlebt wie ein Hund ein Teil einer Pfote eingebüßt hat, das Schreien halte durch das Kaufhaus.
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Man kann nur hoffen, dass sich das inzwischen bei den Hundehaltern herumgesprochen hat. Ich habe einmal eine Frau beobachtet, die ihren Hund auf die Rolltroppe zerren wollte, der sich vehement dagegen wehrte…
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