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Marginalia, Physik im Alltag und Naturphänomene, Strukturbildung, Selbstorganisation & Chaos

Ein wenig Farbe ins dunkle Grau

Eine nicht gerade einladende Asphaltstraße sollte durch eine ebenfalls als negativ empfundene Ölspur eher noch unsympatischer wirken. Sieht man allerdings von diesem realen Hintergrund des Fotos ab, so ergibt sich ein Gemälde, in dem eine virtuos zwischen den Graustufen wechselnde Bruchstruktur durch ein schlankes Band lebhafter Spektralfarben herausgefordert und sich insgesamt zu einem ästhetisch ansprechenden Ganzen ergänzt.
Die Natur ist offenbar völlig indifferent gegenüber menschlichen Bewertungen und verfährt in ihren Gestaltungen nach den durch den Zufall herausgeforderten Naturgesetzen: mechanische Belastungen zusammen mit den Wirkungen von Gefrieren und Schmelzen sind für die Bruchstrukturen verantwortlich. Unterschiedliche Geschwindigkeiten beim Verdunsten der Feuchtigkeit bilden die Abstufungen des Asphaltgraus. Denn das Tageslicht ruft bei Nässe dunklere  Farbtöne hervor als bei Trockenheit. In der quer über das Bild laufenden Senke reicht die Feuchtigkeit gerade noch aus, die äußerst dünne Ölschicht zu „tragen“, die durch Interferenz das weitgehend weiße Tageslicht der unterschiedlichen Dicke der Schicht entsprechend koloriert.
Einige Stunden später hatten sich infolge der Verdunstung des Wassers die Farben verzogen, nachdem sich das Öl winzige Tröpfchen bildedend in den porösen Asphalt verzog.

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Diskussionen

25 Gedanken zu “Ein wenig Farbe ins dunkle Grau

  1. Unlängst habe ich eine winzige Blattwespe fotografieren könnne. Dachte zunächst an eine Wintermücke.
    Es zeigte sich etwas anderes.
    Diese winzige Blattwespe zeigte in ihren Flügeln ein wechselhaftes Farbspiel, (wie ich weiss, Strukturfarben), das mit jedem Foto ständig anders aussah, jedoch nur am PC!
    Mit blossem Augen sieht man nur ein schwarzes Ding. einen Strich, enen Klecks, nichts Bedeutendes.
    Wollte dieses Changieren der Farben zum Thema machen, aber ich habe zuviel unterschiedliches Material. So verfällt das.

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    Verfasst von kopfundgestalt | 7. April 2021, 00:44
    • Dass du die Farben nur am PC sehen kannst, liegt wohl an der dadurch erreichten Vergrößerung. Das Changieren der Farben in Abhängigkeit vom Winkel ist typisch für Strukturfarben und kann durch unterschiedliche Weglängen der Lichtwellen je nach Winkel erklärt werden.

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      Verfasst von Joachim Schlichting | 7. April 2021, 10:21
      • „Dass du die Farben nur am PC sehen kannst, liegt wohl an der dadurch erreichten Vergrößerung. “
        Einerseits ja. Andererseits assoziert man ja bei einem so kleinen Ding eine „schwarze, kleine Fliege“, obwohl sie näher besehen durchaus strukturierter erscheint.

        Die unterschiedl. Winkel ergeben sich ja alleine dadurch, daß man aus der unruhigen Hand bei bewegter Luft fotografiert.

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        Verfasst von kopfundgestalt | 7. April 2021, 10:41
      • Das zeigt wieder einmal, dass uns ohne Technik (hier: deine Makroaufnahmen) einiges aus der Welt unterhalb der normalen Wahrnehmung einiges entgeht: Eine kleine schwarze Fliege ist mehr als nur das.
        Die unterschiedlichen Winkel führen bei Objekten, bei denen man die Strukturfarben mit bloßem Auge sehen kann, zum Irisieren infolge der Wahrnehmung aus verschiedenen kleinen Winkeln. Denn das Auge ist nie ruhig, es tastet ständig ab.

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        Verfasst von Joachim Schlichting | 7. April 2021, 10:49
      • Ja, das ist mir bekannt, Joachim. Es rechnet sozusagen unentwegt – und zeigt uns dann „etwas“.

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        Verfasst von kopfundgestalt | 7. April 2021, 11:55
  2. Materialistische Kunst, die unabsichtlich entsteht ? 🙂

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    Verfasst von hollaholle | 7. April 2021, 07:55
  3. Tolles Bild, und ein sinnvoller Hinweis darauf, dass die Natur auf ihre eigene Art und Weise tickt, Liebe Grüße
    Jürgen

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    Verfasst von juergenkuester | 7. April 2021, 08:17
  4. Wie der Blick ins All auf eine seltsame Galaxie mutet dieses Foto an, die vielen weißen Pünktchen unterstützen den Eindruck noch. Wie reich doch ein wacher Blick auf die Welt belohnt wird!

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    Verfasst von Ule Rolff | 7. April 2021, 08:51
  5. Vom Chemisch-Physikalischen mal abgesehen, ist es wieder ein klassisches Beispiel für die Bildästhetik, die uns von mehr als misslichen Um- und Zuständen ablenkt. Trotzdem: Chapeau!

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    Verfasst von christahartwig | 7. April 2021, 09:53
  6. Ein Gemälde, ja, das ist es. Und eine Bildbeschreibung, die Fachkenntnis und Poesie verbindet. Klasse!

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    Verfasst von tomfmr | 7. April 2021, 18:03
  7. Da fällt mir ein, dass ich vor Jahren eine ausführliche, auch für Laien verständliche Erklärung gelesen habe, wie diese Farben in Ölflecken entstehen: Alles so schön bunt hier!

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    Verfasst von gnaddrig | 7. April 2021, 19:27

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  1. Pingback: Galaktische Nebel in der Wasserpfütze | Die Welt physikalisch gesehen - 9. Januar 2022

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