
Wie lässt sich der Übergang vom Wachsein zum Schlafen fassen. Man kann versuchen, es zu beobachten und zu beschreiben. Nur, je mehr das Wachsein schwindet, desto mehr schwindet auch das Vermögen, das Erlebte zu verbalisieren. Für mich stellt sich der Übergang, soweit es mir gelingt, ihn zu erinnern, als Bild dar. Zunächst schwanken die Konturen des Realen (oben links im Bild). Häuserfronten werden gummiweich und zittern in ein komplexes Gewebe voller Struktur und Farbigkeit hinüber (rechts im Bild). Es zeichnet sich keine klare Grenze ab, eher überschreitet man eine Schwelle beim Einschlafen und umgekehrt bei Wachwerden. Im Unterschied zur Grenze ist die Schwelle, wie ein ganzer Bereich, in dem etwas wie bewegtes Wasser schwillt. Die Wellen, die beim Schwellen des Wassers hervorquellen, beschreiben m.E. auch lautmalerisch, das Flüssige nicht Festgelegte und von außen nicht Bestimmbare des Übergangs.
Was bei Übergängen im Einzelnen passiert ist auch eine interessante physikalische Frage. Die sogenannten Phasenübergänge, zum Beispiel vom Festen in den Flüssigen und von da in den gasförmigen Zustand, oder der Übergang vom magnetischen in den unmagnetischen Zustand eines Materials sind Beispiele dafür.
Beim Übergang vom flüssigen in den gasförmigen Zustand eines Fluids beobachtet man das Phänomen der kritischen Opaleszenz. Dazu muss man wissen, dass in der Nähe und am kritischen Punkt des Übergangs Dichtefluktuationen auftreten, die mit einem ständigen Wechsel von Teilen des Fluids zwischen flüssigem und gasförmigem Zustand verbunden sind. Diese Schwankungen finden in der Größenordnung des mittleren Molekülabstandes statt. Nähert man sich dem kritischen Punkt des Übergangs, so nimmt die Schwankungsbreite zu bis zur Wellenlänge des Lichts am kritischen Punkt. Dabei wird auffallendes Licht gestreut und das Fluid nimmt ein milchiges Aussehen an.
Diesen Vorgang hast du auf eine Weise ins Bild übertragen, der ich gut folgen kann. Tolle Lösung eines Übersetzungsproblems!
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Danke, liebe Ule, für deine Einschätzung. Manche Vorgänge, die schwer zu verbalisieren sind, können manchmal visuell verdeutlicht werden.
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Das letzte Kapitel sehr schön.
Von Satz zu Satz wird es immer spannender.
Paradox erscheint, dass die Schwankungsbreite am kritischen Punkt zunimmt. So als wäre eine Kraft nötig, um endlich den vollen Übergang zu schaffen.
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Da der in einer Flüssigkeit gegebene Zusammenhang zwischen den Molekülen am kritischen Punkt immer lockerer wird, um im gasförmigen Zustand völlig verlorenzugehen, wird die Schwankung zwischen beiden Zuständen immer größer. Ist für mich irgendwie einleuchtend.
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ah, da hatte ich irgendwo einen gedanklichen Fehler …
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🙂
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Eine wirklich großartige, passende visuelle Darstellung des Einschlafens…
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Vielen Dank! In Ergänzung deine Blog-Bezeichnung könnte man vielleicht sagen: Au-delà des paroles régne le visuel
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Ja, und im Grunde regiert das Visuelle auch über fast jeden verbalen Ausdruck
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Sehe ich auch so. 🙂
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