Die meisten Leute kranken daran, daß sie nicht aussagen können, was sie sehen und was sie denken. Man behauptet, es sei nichts schwieriger als eine Spirale in Worten zu definieren: Man muß dazu, sagt man, in der Luft mit der literaturlosen Hand eine ansteigend geordnete, eingerollte Gebärde vollführen, dank welcher sich diese abstrakte Figur der Sprungfedern oder manchen Treppen den Augen darstellt. Doch sobald wir uns daran erinnern, daß reden erneuern heißt, können wir eine Spirale ohne Mühe definieren: es ist ein Kreis, der aufsteigt, ohne je imstand zu sein, sich zu schließen. Die meisten Leute, ich weiß es wohl, würden es nicht wagen, auf diese Weise zu definieren, weil sie annehmen, daß definieren das aussagen heißt, was die anderen hören möchten, und nicht das, was man sagen sollte, um zu definieren. Besser gesagt: eine Spirale ist ein virtueller Kreis, der sich aufsteigend entfaltet, ohne je zu seiner Verwirklichung zu gelangen. Aber nein, diese Definition ist ebenfalls noch abstrakt: Ich werde eine konkrete Formulierung suchen und alles wird klar sein: eine Spirale ist eine Kobra, die sich vertikal nicht einrollt.*
Fernando Pessoa. Das Buch der Unruhe. München 1987, S.: 292
Nahe kommen, ohne nahe zu kommen
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Man entfernt sich und bleibt doch in der Nähe 😉
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abstrahierter Bewegungsablauf des Diskobolos (Diskuswerfers)
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Ja, eine Art Materialisierung der Aufzeichnung des Diskusweges bis zum Loslassen. Ob die Gurke daran gedacht hat?
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Ich finde, dass es ohne begleitende Handbewegung nicht geht. Das gilt, glaube ich, auch für die Beschreibung einer Wendeltreppe, Liebe Grüße
Jürgen
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Weil uns die Gebärden so vertraut sind, die meist intuitiv ohne darüber nachzudenken ausgeführt werden. Liebe Grüße, Joachim.
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Man muss nur zusehen wie Leute beim Telefonieren gestikulieren 😎
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Genau. Beim Übergang in die Handyzeit musste ich mich erst allmählich daran gewöhnen, dass Leute gestikulierend und laut redend des Weges gingen.
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Jürgen hat schon die Wendeltreppe erwähnt… das hatte ich auch sofort im Sinn. Manchmal kommen wir ohne Gebärden nicht aus. Daher finde ich die Gebärdensprache so faszinierend. Wenn ich beim Zeichen für leise sein den Zeigefinger nicht auf den Mund legen kann, fehlt mir auch etwas und eine Kusshand zuwerfen ohne die dazugehörigen Gesten geht schon gar nicht…. das siehst du dich gewiss auch so oder? In diesem Sinne…hab einen schönen Tag. Marie
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Die Gebärdensprache ist in der Tat faszinierend. Dass sie funktioniert zeigt einmal mehr, wie aussagestark Gebärden sind. Einen gebärdenfreien Redepartner kann ich mir nur als eine Art Roboter vorstellen. Auch dir einen schönen Tag und ein schönes Wochenende. Das Wetter scheint ja mitzuspielen. LG, Joachim
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Wenn reden sich wieder mehr dem „erinnern“ anschlösse, dann könnte man zeigen, wie wir in den ersten Fötuswochen eine ebensolche „Spirale“ waren. Das menschliche Leben „faltet sich aus“. Es drängt sich in die vertikale, räkelt und sträkelt sich, hört hin, fühlt, kommt mit vielem „tätoviert“ zur Welt. Nie als Blankoblatt. Dann erst, nach den Gefühlen kommt die Sprache.
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Die pränatale Entwicklung ist in der Tat von großem Einfluss auf das sich entwickelnde Individuum.
Und im Alter, wenn man etwas gebückter geht, rollt man sich wieder ein 🙂
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Ja, so schließt sich der Kreis, Der Mensch. Morgens, als Kind, krabbelt er auf 4 Füßen. Mittags ist er ausgewachsen und steht auf zwei Beinen und am Abend, im Alter, benutzt er einen Krückstock und geht somit auf drei Beinen.
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🙂
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Man sagt, ich habs nicht ausprobiert, dass man einer Kobra von direkt oben auf den Kopf fassen kann, ohne gebissen zu werden, sie sich also nicht nach hinten oben zu biegen vermag, was der abgebildeten Spirale widerspricht.
Aber wie wäre es damit: die Spirale ist einfach das Lieblingssymbol der Kelten und der Maori (der sich langsam entrollende, riesige Farn dort war wohl die Vorlage in der Gegenfüßler – Welt)?
Ja, die Spirale ist einfach ein junges Farnblatt. Und wer dieses nicht kennt, sollte in den Wald gehen und schauen lernen. Nicht nach der in unseren Breiten eher seltenen Kobra, sondern nach den zunächst unscheinbaren Dingen.
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In der natürlichen Umwelt gibt es in der Tat zahlreiche Spiralen unterschiedlichster Art. Das mit der Kobra leuchtet mir insofern ein, als das Drehen des Kopfes nach oben, also senkrecht zum Drehsinn der flach auf dem Boden liegenden Spirale biomechanisch wohl nicht möglich ist. Es gibt allerdings Spiralen, die sich aus der Ebene hinaus in die Höhe spiralen. In der Mathematik muss man auf biologische/materielle Einschränkungen keine Rücksicht nehmen und kommt zu einer großen Vielfalt von Spiralen.
Sich entrollende Farnblätter sind schöne Beispiele, die man jedes Jahr wieder beobachten kann.
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Es ist jedenfalls leichter, über das Für und Wider des Gestikulierens zu diskutieren als eine Spirale korrekt, verständlich und dazu noch mit einer gewissen Poesie zu beschreiben. Mir fallen dabei immer diese rotierenden Scheiben an den Zuckerwatteständen ein.
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Dabei werden Spiralen in Bewegung gesetzt und rufen ungewohnte optische Eindrücke hervor. Schön sind auch die Metallspiralen unterschiedlicher Ausführung, die man – meist mit einer Glaskugel besetzt- als Designobjekte an die Decke hängt. Wenn sie rotieren sieht es so aus, als würden sie ständig auf- oder absteigen.
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Stimmt. Und ich freue mich auch an den „Barbierstangen“, die man neuerdings auch bei uns hin und wieder an der Fassade eines Herren-Friseurgeschäfts findet – wenn sie auch hier keine Tradition haben. Dennoch vermisse ich den Barbierteller, der allerdings optisch keinen besonderen Reiz bietet.
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Bei den Barbierstangen kommt ja auch noch der Reiz einer optischen Illusion hinzu, wonach es so aussieht als würde sich da gar nichts drehen, sondern die Streifen einfach nach oben wandern… Ja die stets blank geputzten Teller haben mich früher auch immer beeindruckt. Inzwischen habe andere „Spiegel“ im Alltag ihnen wohl den Rang abgelaufen…
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Vor vielen Jahren habe ich mich malend und sehend mit dem Mandala beschäftigt, noch bevor der Mandalaboom eintrat. Für mich gehört die Spirale auch dazu. Ich male sie heute noch gern als Verzierung in Varianten auf handgeschriebene Post. Die Spirale symbolisiert für mich einen dynamischen Kreis, ich mag sie sehr. In der Natur ist sie, zu meiner Freude, wirklich oft vertreten.
..grüßt Syntaxia
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Viele Dank für deine Ausführungen, die einmal mehr bestätigen, dass wir von spiraligen Formen angezogen werden. In der Kindheit haben wir oft ein Spiel gespielt, bei dem man sich in einer mit einem Stock auf die Straße (nicht asphaltiert) gezeichneten Spirale nach bestimmten Regeln (die ich nicht mehr erinnere) fortbewegen musste, um auf diese Weise ins Innere der Spirale zu gelangen. Ich war fasziniert von der Form und der dadurch erzwungenen Bewegung… Die Spirale scheint etwas Archetypisches an sich zu haben. Gruß, Joachim.
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Ja, genau, ich glaube auch, das sie archetypische Wurzeln hat. C.G Jung hat sich bestimmt damit beschäftigt, wie mit den Mandalas auch. Allerdings habe ich nicht alles gelesen.
…grüßt Syntaxia
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Es ist lange her, dass ich etwas von C.G. Jung gelesen habe. Die Spirale gehört jedenfalls zu den Archetypen der Bwegung; man denke nur an Wirbel, Strudel, Tornados… Gruß, Joachim.
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