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Marginalia, Physik im Alltag und Naturphänomene, Physikalisches Spielzeug & Freihandversuche

Spiegelwirbel an einer Hausfassade

Als wir in intensiver Unterhaltung vor jener verspiegelten Fassade vorbeigingen (siehe Foto), in der ich gewissermaßen aus dem Augenwinkel die diesseitige Welt zwar unzugänglich und doch irritierend realistisch gedoubled im Schritttempo vorbeiziehen sehe, spürte ich plötzlich so etwas wie einen Sog. Die Unterhaltung war nicht mehr ernsthaft aufrechtzuerhalten. Wir blieben stehen und erkannten die Ursache für das merkwürdige Gefühl: Die Spiegelwand war mit einer Art Spiegelwirbeln belegt, die Teile des Abgebildeten um ominöse Mittelpunkte herum zu wickeln schienen. Als rational denkende Menschen glaubten wir natürlich nicht, den sagenhaften Aleph-Punkt gefunden zu haben, zumal es dann sehr viele davon gab. Und daher näherten wir uns der Fassade und stießen auf eine ganz profane Erklärung des Phänomens. Im Zentrum eines jeden Spiegelwirbels war der Kopf einer ordinären Schraube zu sehen, durch die ein riesiges spiegelndes blankes Blech fixiert wurde (siehe Foto). Durch die Spannung, mit der das Blech an den gewissen Stellen aus der Ebene heraus in eine vertiefte Position gezogen wurde, waren lokale Hohlspiegel geformt worden, die die Gegenstände entsprechend kreissymmetrisch verzerrt widergaben.

Diskussionen

10 Gedanken zu “Spiegelwirbel an einer Hausfassade

  1. Das erinnert mich auch an die Pyramide am Hubland 🙂

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    Verfasst von kopfundgestalt | 7. Juli 2021, 00:44
  2. Und doch zieht jede Schraube seine eigenen Kreise.

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    Verfasst von paulpeterheinz | 7. Juli 2021, 08:05
  3. Einfache Ursache- erstaunlicher Effekt! Kannst du was zum „sagenhaften Aleph-Punkt “ sagen? Hab ich noch nie gehört.

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    Verfasst von ele21 | 7. Juli 2021, 08:07
    • Da nicht jeder Jorge Luis Borges kennt, von dem dieser Begriff stammt, hätte ich ihn nicht erwähnen oder erklären sollen. Aber dann dachte ich, dass vielleicht jemand darüber stolpert. Nach Borges ist es einer der Punkte, der das ganze Universum enthält und somit auch sich selbst, der gewissermaßen ins Unendliche gespiegelt wird. Das Foto dargestellte Situation erinnerte mich daran.

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      Verfasst von Joachim Schlichting | 7. Juli 2021, 08:18
      • Danke❣️

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        Verfasst von ele21 | 7. Juli 2021, 13:33
      • 🙂

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        Verfasst von Joachim Schlichting | 7. Juli 2021, 13:46
      • Danke für die Frage (ELE21) und für Ihre Antwort. Ich hatte den Aleph-Punkt „ignoriert“ weil ich dachte, dieser Herr Schlichting hat sicherlich wieder einen physikalischen Pfeil im Köcher. Nun dämmert es auch bei mir. Bei Peter Sloterdijk „Zur Welt kommen – zur Sprache kommen“ findet sich etwas über „Das Sandbuch“ von Borges im 2. Kapitel: Ein Bibelverkäufer bietet mir ein ungwöhnliches Buch an. Ein Buch das keinen Anfang und kein Ende hat und in dem die Seiten nicht in nummerischer Reihenfolge aufzublättern sind. Außerdem findet man die bereits aufgeschlagenen Seiten nicht wieder. „Das ist unmöglich“ stammele ich, „das ist nicht möglich“.. „Aber dennoch ist es so. Keine Seite ist die Erste, keine die Letzte“ antwortet der Verkäufer.
        Das Buch als Methapher für unser Leben.
        Ein Buch ohne Anfang und Ende ist für menschlichen Besitz ungeeignet, der Verstand gerät in Gefahr, sich ans Monströse zu gewöhnen, und blättert einer zuviel in diesem maßlosen Buch, so riskiert er, selbst zum Monstrum zu werden. So legt auch der Käufer das Buch nach einiger Zeit in irgendein feuchtes Regal der Nationalbiliothek und tut alles, diese Stelle zu vergessen, wo er es „verlor“.

        Natürlich kann man in einem solchen Buch lesen. Mann kann, ja man muss in ihm anfangen wo immer man will.

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        Verfasst von paulpeterheinz | 7. Juli 2021, 14:11
      • Super Ergänzung- auch lieben Dank❣️

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        Verfasst von ele21 | 7. Juli 2021, 14:39

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