
Bei uns macht der wilde Wein den Anfang mit der Sicherung des Chlorophylls und dem damit verbundenen Hervortreten der bislang überdeckten Blattfarben. Merkwürdigerweise scheint dadurch das Ausbreitungsbegehren dieser alles einnehmenden Pflanze bislang noch nicht in Mitleidenschaft gezogen zu werden. Jedenfalls sind die nach Haltemöglichkeiten suchenden Ranken noch in voller Aktion mit all ihren lustigen Fehlleistungen (oder sind es spielerischen Anwandlungen), wenn sie sich z.B. gegenseitig umschlingen (unteres Foto).
Die Ranken beim wilden Wein sind aus Sprossachsen hervorgegangen und nehmen offenbar genauso farbenprächtig an der herbstlichen Verfärbung teil wie die Blätter.
Wenn die herbstlichen Verfärbungen nicht biologische Notwendigkeit wären, hätte man sie aus rein ästhetischen Gründen erfinden müssen.
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Darf ich mit einem Goethe-Zitat kommentieren? „Vollkommenheit ist schon da, wenn das Notwendige geleistet wird, Schönheit, wenn das Notwendige geleistet, doch verborgen ist“.
Ich, die ich, bis du mich darüber aufklärtest (danke dafür!), nichts über die Sicherung des Chlorophylls wusste habe immer nur die Schönheit gesehen, denn das Notwendige geschah zwar, war meinem Blick aber verborgen.
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Vielen Dank, liebe Gerda. Da hatte der alte Dichterfürst wieder einmal Recht. Mir kommt es immer so vor, als wenn mit dem Abtransport des grünen Farbstoffs eine Art Vorhang weggezogen wird und die wahren Farben der Blätter zum Vorschein kommen – bis zum baldigen Blätterfall.
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„die wahren Farben“ …. geschieht grad dasselbe dir? „eine Art Vorhang wird weggezogen“ und zum Vorschein kommt der Metaphysiker hinter dem Physiker.
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Ja, so könnte man es sehen. Ohne Metaphysik lassen sich Lebenswelt und Physik nicht vereinbaren…
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Solche „Lettern“ hatte ich unlängst auch fotografiert.
Einfach schön.
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Danke Gerhard. Das Naturschöne hat in der Tat so etwas wie eigene Lettern.
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Ich liebe die“verschlungenen“ Wege des Weins und kann mich gar nicht satt sehen daran. Und die Farben…. was für schöne Fotos. Marie
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Danke, Marie! Durch die verschlungenen Wege des Weins wird auf anschaulische Weise ein Aspekt des Ausspruchs „Der Weg ist das Ziel“ ästhetisch konkretisiert. Ich wünsche dir eine schöne Woche, Joachim.
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Ranken begeistern mich immer wieder, ob Wein, Clematis oder Gurke. Die Farben in deinen Bildern finde ich wunderbar, auch die Freistellung der Ranken vor dem Hintergrund.
Hab eine schöne Woche, Joachim.
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Vielen Dank, liebe Ule. Die Ranken sind ein schönes Beispiel dafür, dass Suchbewegungen – und seien sie noch so vergeblich oder sinnlos – eine ästhetische Wirkung entfalten können. Sollte man sich das nicht zum Vorbild nehmen, statt alles Tun (auch das menschliche) nach utilitaristischen Gesichtspunkten zu beurteilen ? Auch dir eine schöne Woche! Joachim
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Deine Anmerkung passt zu meinem derzeitigen Zustand und hilft mir, ihn lockerer, positiver zu sehen. So wird das was mit der Woche!
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Das freut mich sehr! 🙂
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Dass die ästhetischen Kringel durch Suchbewegungen entstehen, wusste ich schon, habe hier aber nicht diese interessante Verbindung zwischen „erdigem“ Tun und Schönheit hergestellt. Für mich ist das ein Leitmotiv: Natur, die das ist oder tut, was ihre Programmierung und die Naturgesetze vorgeben und für uns doch wunderschön ist.
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Das finde ich auch. Viele Aspekte der als naturschön empfundenen Phänomene sind nicht einfach im Prinzip entbehrliche „Verzierungen“, sondern Ansichten lebensnotwendiger Vorgänge innerhalb der vegetabilen Natur.
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Alles ist mit Allem verbunden und hat damit seine Aufgabe im Kreislauf des Bestehenden oder irgendwie so!
Ja Joachim, Deine Fotos sind ganz hervorragend! Es sieht so aus, als würden die kleinen Schläuche die Farbstoffe in die Blätter pumpen!
Liebe Grüße Babsi
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Vielen Dank, liebe Babsi, Jetzt wo du es sagst kommt mir die Vorstellung, dass da durch Schläuche Farbe in die Blätter gepumpt wird ganz plausibel vor.
Liebe Grüße und eine schöne Woche, Joachim
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Der wilde Wein ist wunderschön. Aber mit den Jahren kann er an der Hauswand derart lästig werden, dass wir uns vor kurzer Zeit gewaltsam von ihm befreiten… einer dieser Befreiungsschläge im Leben, die einen mit etwas schlechtem Gewissen zurücklassen.
Denn man vernichtet lebenspendende Primärproduzenten und empfundene Schönheit zugleich. Zum Glück wächst sonst noch einiges.
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Ich habe ähnliche Erfahrungen mit Efeu gemacht, habe mich allerdings dagegen entschieden, ihn ganz zu entfernen. Ich halte ihn jetzt übers Jahr so kurz,, dass Fenster und Dach verschont bleiben.
Die Fotos vom wilden Wein stammen vom Zaun zum Nachbarn.
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die wunderschönen, später dann fallenden Blätter, rufen wenig Begeisterung bei den Nachbarn hervor und auch der Wuchs macht jede Menge Arbeit in schwindelnder Höhe. Die Dachrinne hat er auch schon verbogen… trennen will ich mich trotzdem nicht von ihm… er ist einfach zu schön…
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Da nenne ich Einsatz für die Schönheit der Natur und einen Sieg des Schönen über das nur Nützliche. 🙂
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