
Sie erzählt gern vom Radfahren, von der erbarmungslosen Hitze an schattenlosen Steilaufstiegen und der kühlen Umarmung des Windes, wenn es abwärts geht. Vom schnellen Wechsel der Temperaturen in den Luftschichten und davon, was Freiheit bedeutet, nämlich so schnell zu sein, dass man sich selbst entkommt. Jedes Mal sagt sie, dass Geschwindigkeit jung hält, und das nicht nur, weil die Zeit nach Meinung der Physiker für bewegte Körper langsamer vergeht.*
* Juli Zeh. Schilf. Frankfurt 2007; S.:49
Sich selbst entkommen…vielleicht ein wichtiger Anreiz für manche Schriftsteller oder Schauspieler. Es gibt ja Schauspieler, die ganz unterschiedliche Rollen spielten. Andere spielten vornehmlich sich selbst.
Etwa Klaus Kinski fällt mir ein, den ich mal als sensiblen alten Mann, der sich um einen Jungen Menschen kümmerte, sah.
Wenn man so schnell ist, dass man gar nicht so recht realisiert, was gerade passiert, weil man dann schon mit etwas anderem zu tun hat, entkommt man sich… Die Kontrolle ist aus Zeitgründen nicht mehr gewährleistet. Diesen Zustand möchte ich möglichst vermeiden, gebe aber zu, dass es genaus solche Situationen in meinem Leben gab.
Das erinnert mich wieder an einen Film 🎥 mit Belmondo, in dem er einen Akteur mit 1001 Unternehmungen spielt. Dieses Rasen von a nach b wird durch herzprobleme kurz in Frage gestellt, doch Belmondo macht weiter, bis …plötzlich die Leinwand schwarz wird. Und das für einige Sekunden….
Ja, daran erinnere ich mich auch ganz schwach…
Ja, Frau Zeh schätze ich auch sehr.
Sie ist auch für physikalische Aspekte im Leben/Alltag aufgeschlossen… das schätze ich an ihren Büchern.
Noch aus dem Kleinsten holt der Mensch „große Taten“. Dazu muss er es sich schwer machen, um es leichter zu haben, um sagen zu können ich bin frei um dem lästigen „Ich“ das ständig Ferien haben möchte in der Schwere für kurzezeit zu entkommen und ihm dann den Gefallen zu tu. Ja, so ist es vielleicht gekommen. Wir wollten „Freie“ sein um Ferien zu machen. Aber was durch uns kommt, kommt meistens anders als wir es denken oder zum gedachten kommt etwas nicht-gedachtes hinzu. Nach dem Gängelband des großen Bewegers ist die Eigen-Kinetik nun unser Schicksal. Wir müssen uns bewegen um der Bewegung willen: Und das ist schwer! Aber jetzt kann auch ich sagen: Seht, wie ich leide! Aber seht auch: hier bin ich der Held. Ich will am Ende sagen können: Das habe ich verdient!
Mein Haus, mein Auto, mein Urlaub. Auch wenn ich keine Bühne habe und nur mich als Zuschauer – aber das sagen nur die ganz Harten.
Das erinnert mich an eine alte Karrikatur von Bosc. Jemand zeigt einem anderen all seine „Besitztümer“ (Mein Haus, meine Frau, mein Auto usw.) und schließlich dreht sich der andere um und zeigt sein Hinterteil: „Mein Arsch“.
Eine herrlich „kynische“ Geste. „Geh mir aus der Sonne!“
🙂
Dein Foto fügt dem Text eine weitere Ebene hinzu: Schärfentiefeverlauf anstelle von Bewegungsunschärfe … Entgleiten wir uns selbst auch in Ruhe? Oder sogar gerade dann?
Hab einen schönen Sonntag, Joachim?
Das werde ich gleich in der Sauna ausprobieren… Auch dir einen schönen Sonntag!