Fenster gewähren Ausblick und Einblick. Obwohl Fensterglas transparent ist, wird diesen Blicken nicht immer in der gewünschten Weise stattgegeben. Von einem hellen Zimmer aus in die dunkle Außenwelt zu blicken gelingt nur sehr unvollkommen. Während es umgekehrt leicht möglich ist. Tagsüber hat man hingegen nur eine eingeschränkte Möglichkeit von außen durch die Fenster in einen unbeleuchteten Raum zu blicken.
Wenn man es trotzdem tut, sind die Einblicke eher impressionistischer Natur als reale Anblicke (siehe Foto).
Ursache für diese Verwirrungen ist die Tatsache, dass Glasscheiben nicht nur transparent sind, sondern zu einem sehr kleinen Teil das Licht auch reflektieren (ca. 4% bei senkrechtem Blick durch eine Grenzschicht zwischen Luft und Glas). Dieser geringe Anteil wird jedoch dominierend, wenn in der Reflexionsrichtung kaum durchgehendes Licht auftritt.
Hängt diese ungewollte Doppelfunktion auch damit zusammen, dass das Auge als Fenster der Seele apostrophiert wird?
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Wortlosen Blicken wird zuweilen unterstellt, in die Tiefe zu gehen, was manchmal als Ausdruck der Seele angesehen wird. Physiologisch ist das Auge so etwas wie eine Ausstülpung des Gehirns, was nicht unbedingt etwas mir der Seele zu tun hat…
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… wobei der Ort der Seele weiterhin nicht gefunden wurde (und vermutlich auch nicht wird, da sie eben ein Konstrukt dieses Zusammenspiels auf Gedanken und Eindrücken ist).
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So ist es. Auch wenn es uns schwer fällt, Gegenständen denen konkrete Erfahrungen zugeordnet werden können, ortlos zu denken.
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Aus dem Innenraum tagsüber tritt ja nur genügend Licht nach aussen, wenn etwa eine Stehlampe an ist oder ein Spiegel zum Fenster steht?! Demzufolge, so verstehe ich das, genügen diese 4 % der Reflektion an der Glasscheibe, das schwache Licht des Innenraums zu nivellieren.
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Die Situation sieht einfach aus, ist aber relativ komplex. Denn von den 96% des Lichts, das durch die Scheibe in den Raum fällt, kommt so gut wie nichts wieder raus. Daher erscheinen tagsüber Fenster (ohne Gardinen davor) ziemlich dunkel. Eine Stehlampe müsste schon ziemlich dicht vor dem Fenster stehen, um als solche gesehen zu werden…
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Da hätte ich doch gerne einmal „die Seele“ beschrieben oder definiert! ( Ich versteh aber auch, wenn das unfair ist..)
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Die Seele ist ja zum Glück ganz schön geräumig, jedenfalls wird viel in sie hineingelegt…
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Ja, sehr geräumig. Seit 2500 Jahren soll es sie geben, bleibt aber ein unauffindbares Erpressungs- und Auffangbecken für alles mögliche.
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Seit ich als Kind „Die Fromme Helene“ vom Wilhelm Busch gelesen habe, wo es zum Schluss in etwa (ich will jetzt nicht nachschlagen): „Er faßt die arme Seele schnelle. Und fährt mit ihr zum Schlund der Hölle“ bebildert mit einem ephemeren Gebilde von der Form der Verblichenen, stelle ich mir die Seele immer als aufgeblasenen Körper vor.
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Das ist die zweite nichtphysikalische Ebene, die bei der Auswahl der Motive durchaus eine nicht zu vernachlässigende Rolle spielt. Wenn beide Dimensionen – die ästhetisch/künstlerische und die physikalische – berührt werden, bin ich meist zufrieden.
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Dein Foto erinnert mich aber wieder mal an René Magritte. Deshalb: „Das ist kein Fenster“, oder vielleicht „Ich bin nicht der Betrachter sondern der Betrachtete“ oder „Als ich genau hinsah konnte ich sehen, wie eine Person vor meinem Fenster stand. Als ich wegging, verschwand sie. Für einen Augenblick dachte ich, Sie sei Ich.“
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Das kann ich gut nachvollziehen..Es gelingt Dir ja auch..Zumindest inspirierst Du mich zu Kommentaren. So bauen wir immer wieder ein Fenster – zwischen Reflexion und Transmission.
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Schönes Wortspiel…
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Du bist Weltmeister.
Weltmeister im Fädenspinnen…das muss man können können 🙂
Im Kleinen neige ich auch etwas dazu 😉
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War der wirklich so groß`?! Mir ist Edward Hopper näher.
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Auch wenn Hopper und Magritte häufig das Fenstermotiv bemühen, gibt es große Unterschiede. Magritte spielt bewusst mit verschiedenen Wirklichkeitsebenen.
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Ich habe schon früh mit Picasso oder Feininger „gespielt“. Mir gefiel deren dubiose Klarheit, ein Malen „gegen“ den Mainstream. Das fand ich toll.
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dubiose Klarheit, eine Art clair-obscur
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Ein später, heutiger Fund bei der Lektüre über
Gottfried Benns „Morgue“ – Poetik der Präsenz. von Alexandria Rassidakis
„Als lichtdurchlässige Matereie galt Glas als Zeichen der Reinheit und der Keuschheit; die Stillleben treiben ihr Spiel mit diesen Eigenschaften, indem sie das Prinzip der Transparenz durch Hervorhebung der materiellen Eigenqualität von Glas konterkarieren, die den Bick nicht mehr, oder nicht mehr ungebrochen durchlässt, sondern ihn an der Oberfläche ablenkt“ Der Betrachter ist in der Scheibe zu sich selbst eingeladen, und zwar sich selbst als Sehende aus einer gegenständlichen Sphäre zu sehen.“
Anm.: Was so alles doch über Glas sagen kann !
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Auch das wieder ein sehr schönes passendes Zitat. Ich liebe diese Verbindung zwischen Physik und Literatur. 🙂
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