Der Schneider von Ulm
„Bischof, ich kann fliegen“,
Sagte der Schneider zum Bischof.
„Pass auf, wie ich’s mach‘!“
Und er stieg mit so ’nen Dingen,
Die aussahn wie Schwingen
Auf das große, große Kirchendach.
Der Bischof ging weiter.
„Das sind so lauter Lügen,
Der Mensch ist kein Vogel,
Es wird nie ein Mensch fliegen“,
Sagte der Bischof vom Schneider.
„Der Schneider ist verschieden“,
Sagten die Leute dem Bischof.
„Es war eine Hatz.
Seine Flügel sind zerspellet
Und er lag zerschellet
Auf dem harten, harten Kirchenplatz.“
„Die Glocken sollen läuten,
Es waren nichts als Lügen,
Der Mensch ist kein Vogel,
Es wird nie ein mensch fliegen“,
Sagte der Bischof den Leuten.*
* Bertolt Brecht. Der Schneider von Ulm. In: Gedichte in einem Band. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2007, S. 645.
Der Schneider ist eben kein Jason Statham.😝
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Immerhin steht er in der Tradition derjenigen, die unverzagt versuchten, den Menschen das Fliegen zu bringen, die ja schließlich erfolgreich war…
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Die Zeichnung ist so beschwingt und leicht…. die Geschichte eher tragisch…..
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Stimmt, aber in dieser Stimmung muss der Schneider gestartet sein. Beides, die Beschwingtheit und die Tragik liegen oft sehr eng beieinander. Im übrigen kommt im Unterschied zur Brechtschen Aussage der historische Schneider mit dem Leben davon und musste sich nur den Spott der Zuschauer gefallen lassen.
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Fein, sehr fein ausgesucht. Ein inspirierender Beitrag.
Ich frage mich auch oft, wie man sie hinbekommt, diese Balance zwischen Individualität und Mainstream.
Liebe Grüße
Jürgen.
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Vielen Dank, Jürgen, genau darum geht es, diese Balance zu halten…
Liebe Grüße, Joachim.
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Letzthin sah ich bei „nano“ einen Bericht über die ersten fertigen fliegenden Autos…
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Und am Anfang der Entwicklung, die zum fliegenden Auto führte stehen eben auch Typen wie der Schneider von Ulm…
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Der Kirchenplatz ist manchmal auch so ganz schön hart – abseits der Gravitation.
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Irgendwie hat die Kirche es nicht hingekriegt, wenigstens dort gravitationsfreie Stellen zu installieren. Für Himmelfahrten wäre das doch ideal… 😉
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Viel schöner Schwung in dieser Spur und sogar eine Spur von Farbe! So sind wir Menschen (hoffentlich): immer wieder bereit zu einem schwungvollen Anlauf in das Neue, trotz aller Abstürze und trotz der Häme der weniger Fantasiebegabten.
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So sehe ich das auch. Danke für die schöne Beschreibung. 🙂
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