Wo bislang eine unansehnliche Wasserpfütze den Wanderweg blockierte, hatte sich gestern mit Hilfe des nächtlichen Frosts ein naturschöner Anblick entfaltet. Ausschlaggebend für die Entwicklung dieser individuellen Eisstruktur ist ein Stein, der beim Zufrieren der Pfütze ganz zu Beginn die entscheidenden Strukturimpulse gibt. Sie sind hier als radial vom Stein ausgehende Eiskristalle zu sehen, die gewissermaßen das Fachwerk abgeben, dessen Zwischenräume ganz zum Schluss zufrieren.
Damit sich Eiskristalle bilden können sind sogenannte Keime nötig. Das sind im besten Fall bereits bestehende Eiskristalle, an die nach und nach weitere Wassermoleküle andocken und erstarren. Aber bevor sich Eiskristalle bilden, sind passende Elemente an der Oberfläche des Steins ausschlaggebend für die Initiierung der ersten Kristalle. Man kann davon ausgehen, dass der Stein der Ursprung aller kristallinen Eisbrücken ist, die als erstes über die Pfütze „laufen“.
Dafür gibt es weitere Gründe. Da der Stein eine geringere Wärmekapazität als das Wasser hat, sich also beim Absinken der Temperatur schneller abkühlt als das Wasser, unterschreitet seine Temperatur als erstes den Gefrierpunkt. Das Wasser in unmittelbarer Nähe zum Stein bildet daher als erstes Eiskristalle. Aber dieser Prozess begrenzt sich selbst. Denn beim Gefrieren wird Energie frei und führt zur Erwärmung des Wassers, wodurch der Gefriervorgang in unmittelbarer Nähe unterbunden wird. Daher wachsen zunächst einzelne Eiskristalle auf die freie inzwischen stark abgekühlte Wasserfläche hinaus. Erst später können dann in aller Ruhe die Zwischenräume zufrieren.
Bei der individuellen Ausgestaltung der Eisstrukturen sind lokale Unregelmäßigkeiten wie etwa die Beschaffenheit des Pfützenbodens von prägendem Einfluss.
Abgesehen von der Schönheit dieser Abbildung, die für mich im Gegensatz zwischen der klaren Reinheit der Eiskristalle und der rauen, ‚erdigen‘ Struktur des Steins besteht, erfreut mich auch wieder dein erklärender Text dazu. Es ist eine Gabe, als Fachmensch Sachverhalte für Laien verständlich zu formulieren!
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Seine Texte sind wie Keime, Ule, an denen eifrige Leser immer wieder andocken können 😀
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Sei vorsichtig, lieber Gerhard, dass du mit der physikalischen Metaphorik nicht irgendwann aneckst… 😉
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Danke für dein Lob. Das freut mich insbesondere deshalb, weil der Vorgang gar nicht so einfach ist. Ich meine da vor allem die unterschiedlich große Wärmekapazität von Stein und Wasser, die ja entscheidend für das Verständnis ist.
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Ja, dass bei der Bildung von Eis auch solche variierenden Faktoren außer der einfachen Wassertemperatur mitspielen, war mir nicht so bewusst.
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🙂
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Das ist sehr schön erklärt. Wie Speichen eines Fahrrads bilden sich die Grade, immer der Kälte entlang.
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Danke! Ich vermute, dass auch die üppigen Strukturen am Rande eines zufrierenden Teiches/Sees ähnliche Ursachen haben, die allerdings in der Komplexität kaum zu erfassen sind.
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Wieso sollte alles „einfach“ zu erklären sein, haha
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Genau. Es gibt keine zwei identischen Schneeflocken, keine gleichen Regenbögen… Dennoch möchte man ihr Zustandekommen verstehen. Dazu muss man zwangsläufig vereinfachen. Das ist ein allerdings gerechtfertigter Eingriff.
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