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Didaktik, Geschichte, Wissenschaftstheorie, Energie und Entropie, Physik im Alltag und Naturphänomene, Physik und Kultur, Physikalisches Spielzeug & Freihandversuche, Strukturbildung, Selbstorganisation & Chaos

Physik im Alltag – Seltsame Phänome und ihre Erklärungen

H. Joachim Schlichting. Spektrum der Wissenschaft Spezial 1.22 (2022) 82 Seiten

Physikalischer Reiz des Gewöhnlichen
Die Menschen haben von jeher die Natur nicht nur wahrgenommen, sondern die Natur auch auf die eine oder andere Weise zu verstehen versucht. Aus heutiger Perspektive erstaunlich tief gehende physikalische Einsichten hat bereits Leonardo da Vinci vor mehr als 500 Jahren bei seinen zahlreichen Beobachtungen und zeichnerischen Rekonstruktionen bewiesen. Damals war die neuzeitliche Physik noch im Entstehen begriffen, sodass man nur darüber staunen kann, wie klar und verständlich Leonardo viele Alltagsbeobachtungen dargestellt hat. Die Kunst kam ihm bei der grafischen Rekonstruktion der Phänomene sehr zugute (S. 6).
Physik und Kunst haben sich von jeher gegenseitig befruchtet und zahlreiche Erscheinungen inspirieren oft durch ihren ästhetischen Reiz dazu, sie näher zu erschließen.
Aber selbst profan wirkende Vorgänge führen manchmal erstaunlich weit bis in die moderne Forschung.
So ist es eine alltägliche Erfahrung, Schnecken auf ihrem glitschigen Schleimfilm gleiten zu sehen. Denkt man jedoch an die eigenen Fortbewegungsprobleme (S. 40), drängen sich Fragen geradezu auf. Wie stellt es die Schnecke an, bergauf zu gleiten oder sich überhaupt vom glitschigen Schleim abzustoßen? (S. 64).
Die wissenschaftliche Antwort führt direkt in die Küche, in der wir es mit ähnlichen Problemen zu tun haben, wenn beispielsweise der Ketchup aus der Flasche wohldosiert auf dem Teller landen soll (S. 72). Flüssigkeiten können je nach mechanischer Einwirkung zwischen zäh- und leichtflüssig wechseln. In Form von Schaum ähneln manche Gemische sogar einem Festkörper (S. 70). Selbst reines Wasser zeigt oft faszinierende Strukturen und überraschende Schauspiele. Es ist sogar musikalisch: Spült man nach der Teepause sein Edelstahlsieb, so bekommt man zuweilen schöne Töne zu hören. Dahinter steckt ein komplexer Vorgang, der erst zum Mysterium wurde, seitdem es diese Teesiebe gibt (S. 78). Andere Strömungsereignisse sind altbekannt, aber nicht weniger imposant und fordern geradezu dazu heraus, selbst ausprobiert zu werden.
Lassen Sie sich durch diese Sammlung inspirieren, fortan den Alltag mit neuen Augen zu sehen.

Ihr H. Joachim Schlichting.

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Diskussionen

7 Gedanken zu “Physik im Alltag – Seltsame Phänome und ihre Erklärungen

  1. Sehr schön, Joachim!

    Ich hatte unlängst ein Buch von Dir zweimal gekauft. Das Zweite konnte ich noch nicht übergeben. Irgendwie hapert es mit der Übergabe – von dem zu Beschenkenden erwarte ich ja auch noch Bücher, jeweils zu Geburtstagen meinerselbst von zwei vergangenern Jahren.
    Also auch das ruht.
    Merkwürdig das.
    Nun denn. 😉

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    Verfasst von kopfundgestalt | 5. März 2022, 00:25
  2. Physikalischer Reiz des Außer-Gewöhnlichen:
    Schon Friedrich Engels schrieb „dass die Natur sich für jeden menschlichen Sieg über sie ‚an uns‘ ‚rächt‘. Jeder Sieg […] hat in erster Linie zwar die Folgen, auf die wir gerechnet, aber in zweiter und dritter Linie hat er ganz andre, unvorhergesehene Wirkungen, die nur zu oft jene ersten Folgen wieder aufheben“ (MEW/20, S. 432)
    Der Volksmund umschreibt es mit „Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt“ – ergänzen könnte man noch und immer kommt etwas nicht Bedachtes mit hinzu.
    Heute führt die Wissenschaft uns in eine besondere Küche, man könnte auch sagen auf die Waffen-Messe in der Ukraine: eine der Auftraggeber und Anwender von Wissenschaft:
    Im aktuellen Krieg kann man beobachten, wie weit Wissenschaft, Technik und menschlicher Wille dabei gekommen ist: Nun bringt Technik – Technik um und beide gemeinsam die Natur. Das kleinste Element hat gesiegt: (Atom)Raketen fallen (fast ?!) auf Atomkraftwerke. Die umliegende Natur wird über Jahrzehnte/Jahrhunderte unbenutzbar. Was ist in diesem Zusammenhang noch „der Mensch“? Ein Knöpfchendrücker! Ein Pflichterfüller! Ein Auftrags-Killer! Eine erstarrt-betroffene -aber auch duldende- Rand-Figur, wenn man anschließend überhaupt noch weiß, wo er ist. Wer kümmert sich dann um die Schnecken?
    Wenn er aber noch sein sollte, höre ich ihn sagen „Das haben wir so nicht gewollt“ und man sieht ihn eiligst zu anderen Planeten fliegen, nachdem er noch die nächste Aufrüstungsspirale in Gang gesetzt hat: Drohnen führen nun den Krieg weiter. Die Elektronik hat gesiegt, der Code schreibt nun die Narrative. Krieg geht doch sicherlich auch intergalaktisch.

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    Verfasst von paulpeterheinz | 5. März 2022, 09:03
    • Leider muss ich dir in den meisten Punkten Recht geben. Die Menschheit hat sich in eine Abhängigkeit von der Technik begeben, von der sich selbst Menschen in völlig naturnahen Lebensweise nicht ausnehmen können. Die Entwicklung entbehrt nicht einer gewissen Zwangsläufigkeit, die offenbar in der „Natur“ des Menschen begründet ist.

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      Verfasst von Joachim Schlichting | 5. März 2022, 09:11
      • Wenn Technik etwas „leichter, einfacher, bequemer“ macht, wenn sie bisher Unmögliches möglich macht, dann ist die „verführerische Zwangsläufigkeit“ als Kompetenzerweiterung, gegeben. Wenn sie das Fremde der umgebenden Natur bewältigt oder abwendet, wenn sie Schätze birgt, wenn sie als der große Ermöglicher daherkommt, wenn sie „Gott“ ersetzt..ja dann gehen Mensch und Technik Hand in Hand: erst hält er noch Abstand, dann kommt er ihr näher, dann wird sie ganz seine zweite Natur.

        Wenn wir davon ausgehen, dass der Mensch von Anfang an nicht „natürlich“ war – oder sich zumindest gegen das „tierisch-natürlich-instinktive“ entwickelt hat, sich so mit UND gegen Naturprozesse entwickelt hat, dann kann man das „beschützende“ immunisierende“ Verlangen nach Technik nachvollziehen. Schon die Hand des „Vorafffen“ die zum ersten Stein griff und sie als Distanzwaffe zum Angreifer erkannte, also Kämpfe „ersparte“, ließe sich als erste Spur zur „Technik“ beschreiben. Wie bei so vielem, wird damit auch eine Gewöhnungs-Spur gelegt, die nur schwer oder gar nicht mehr verlassen werden kann. Bedeutet das aber, dass wir dem technischen Untergang entgegeneilen „müssen“? Ist uns mit dem ersten Griff zum Stein denn sowohl die Expansion als auch der Untergang der Anthroposphäre in die Wiege gelegt? Ist alles andere „nur Theater“ um die Zeit totzuschlagen? Oder sind wir nur einfach in unserer sozialen Kompetenz nicht mit der Technik gewachsen? Muss von daher etwas kommen? Oder warten wir einfach auf die KünstlicheIntelligenz in Kombination mit einem leistungslosen Einkommen?

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        Verfasst von paulpeterheinz | 5. März 2022, 09:53
      • Das Interessante ist ja, dass der Mensch gleichzeitig die Einsicht hat, dass er sein eigenes Grab schaufelt aber es offenbar nicht schaft, diese Einsicht in konkretes, korrigierendes Handeln umzusetzen. Die ihrer Wirkung destruktiven Kräfte (die meist ganz harmlos als Bequemlichkeit u.Ä. daherkommen) sind offenbar stärker. Da eine Umkehr generationsübergreifendes Handeln erfordert, habe ich den Verdacht, dass das Prinzip „Nach mir die Sintflut“ stärker ist, als Aktivitäten zu entfalten, von denen das Individuum selbst nichts zu haben glaubt.

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        Verfasst von Joachim Schlichting | 5. März 2022, 11:00
    • Sehr düster, aber wahr.

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      Verfasst von kopfundgestalt | 5. März 2022, 09:47

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